Rz. 21
Im Rahmen des Verbots von Beweislaständerungen zum Nachteil des anderen Vertragsteils führt § 309 Nr. 12b BGB als Regelbeispiel das Verbot auf, den anderen Vertragsteil formularmäßig bestimmte Tatsachen bestätigen zu lassen. Die Vorschrift soll den Vertragspartner davor schützen, mit der Unterschrift zugleich unbemerkt eine Tatsache zu bestätigen, die die Beweislast zu seinen Lasten abändert. Durch die beweislaständernde Bestätigung von Tatsachen erhält der Verwender ein Beweismittel, das so lange gilt, bis der andere Vertragsteil die Unrichtigkeit seiner Erklärung nachgewiesen hat. Das Verbot des § 309 Nr. 12b BGB hat große praktische Bedeutung, da die formularmäßige Tatsachenbestätigung ein einfaches und häufig genutztes Mittel von Verwendern ist, die materielle Rechtslage zu ihren Gunsten zu verbessern. Von dem Verbot sind nicht nur Beweislastverschiebungen durch Tatsachenbestätigungen erfasst, sondern auch Beweiserleichterungen zugunsten des Verwenders oder Beweiserschwerungen zuungunsten des Vertragspartners.
Rz. 22
Der Tatsachenbegriff ist weit zu verstehen. Tatsachenbestätigungen i.S.d. § 309 Nr. 12b BGB sind sowohl Erklärungen über tatsächliche Vorgänge oder Zustände, über rechtlich relevante Umstände, wertende Bestätigungen und Wissenserklärungen. Das Klauselverbot gilt für widerlegbare Tatsachen, aber erst Recht für Tatsachenfiktionen, nach denen die vom Verwendungsgegner bestätigten Tatsachen unwiderleglich gelten sollen.
Rz. 23
Unwirksam sind daher solche Klauseln, die rechtlich relevante Umstände bestätigen, wie etwa, dass bestimmte Klauseln oder alle Klauseln eines Vertrages ausgehandelt wurden, dass die Verwendergegenseite die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden hat oder dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Kunden ausgehändigt wurden oder vom Ladenpersonal auf sie hingewiesen worden ist und diese vom Kunden zur Kenntnis genommen worden sind, dass ein Kaufvertrag in die Landessprache übersetzt wurde und auf alle Rechte der Verwendergegenseite hingewiesen wurde. Genauso unwirksam ist die Bestätigung, über das Recht zum Widerruf belehrt worden zu sein, wenn ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht oder über die wesentlichen Risiken und Besonderheiten eines Darlehensvertrags schon vor Vertragsschluss aufgeklärt worden zu sein sowie die Patientenbestätigung über eine erfolgte ärztliche Aufklärung. Als verkappte "Aushandelnsbestätigung" wurde ein Stempelaufdruck gesehen, der die Kenntnis von einer länger als 24 Monate währenden Vertragslaufzeit und somit eine innere Tatsache bestätigt. Die formularmäßige Bestätigung, dass "mündliche Nebenabreden nicht bestehen“, hält die Rechtsprechung für wirksam. Die Klausel entspreche lediglich der gesetzlichen Vermutung der Vollständigkeit der Vertragsurkunde und lasse dem Kunden den Gegenbeweis offen. Diese Argumentation greift indes zu kurz. Nicht ohne Grund wird diese Klausel in der Praxis häufig verwendet. Sie ist darauf angelegt, die andere Vertragspartei davon abzuhalten, dass sie sich auf die getroffene Nebenabrede überhaupt beruft. Darüber hinaus kann die Abgabe einer Tatsachenbestätigung als Indiztatsache zu Lasten des Bestätigenden berücksichtigt werden, was die Erbringung des ihm obliegenden Beweises einer Nebenabrede erschwert. Da § 309 Nr. 12 BGB auch die Erschwerung der Beweisführung verhindern soll, sind derartige Klauseln über das Nichtbestehen von mündlichen Nebenabreden unzulässig. Unwirksam sind auch solche Klauseln, die die Vollständigkeit, Geeignetheit oder andere Eigenschaften von Sachen oder Leistungen quittieren, z.B. im Handel mit Einbaumöbeln die Bestätigung, dass die vom Verwender gefertigte Skizze und die dabei zugrunde gelegten Maße richtig seien oder auch, dass ein "Auftrag ordnungsgemäß erledigt" wurde oder, dass man "die Ware in einwandfreiem Zustand erhalten" hätte. Dies gilt auch für Klauseln bezüglich einer Übergabe der Mietwohnung, durch die der Mieter die beanstandungsfreie Übergabe in renoviertem Zustand anerkennt."
Rz. 24
Nach § 309 Nr. 12b BGB unwirksam sind auch Wissenserklärungen, die sich auf Kenntnisse und Einstellungen der Vertragspartei oder Dritter beziehen und sich im Streitfall zuungunsten des Kunden auswirken können. Dazu zählen Klauseln aus Subunternehmerbauverträgen, wonach der Bauunternehmer die Örtlichkeiten und Gegebenheiten der Baustelle kennt oder auch die Vorkenntnisklauseln aus Maklerverträgen. Nicht unter § 309 Nr. 12b BGB fallen jedoch Erklärungen über Vorerkrankungen oder Vorschäden im Rahmen von Versicherungsverträgen, solange die Kundenerklärung nicht bereits vollständig vorformuliert ist. Abzugrenzen von § 309 Nr. 12b BGB sind auch zulässige rechtsgeschäftliche Willenserklärungen des Verwendungsgegners, etwa die Erklärung, mit der Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden zu sein.