Rz. 4
Gemäß § 309 Nr. 3 BGB ist eine formularmäßige Bestimmung unwirksam, die dem Vertragspartner die Befugnis nimmt, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen.
I. Aufrechnungsbefugnis des Vertragspartners
Rz. 5
§ 309 Nr. 3 BGB betrifft nur den formularmäßigen Ausschluss der Aufrechnung durch den Vertragspartner. Wird dagegen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen die Aufrechnungsbefugnis des Verwenders erweitert, ist deren Wirksamkeit allein an den Voraussetzungen des § 307 BGB zu messen.
Rz. 6
Das Verbot des § 309 Nr. 3 BGB greift nicht in den Fällen ein, in denen die Aufrechnung auch ohne die Ausschlussklausel nicht möglich wäre. Gemäß § 387 BGB ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn sich zwei Personen einander Leistungen schulden, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind und der Aufrechnende die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann. Die Schlagworte sind: Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit und Vollwirksamkeit der Gegenforderung. Eine Gleichartigkeit der Leistungen ist nicht gegeben, sofern sich Geldschulden in verschiedenen Währungen gegenüberstehen. Eine Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis auf Verbindlichkeiten derselben Währung verstößt daher weder gegen § 309 Nr. 3 BGB noch gegen § 307 BGB.
Rz. 7
Die Aufrechnung ist in einigen Fällen von Gesetzes wegen ausgeschlossen. So ist die Aufrechnung nicht zulässig, wenn die Hauptforderung beschlagnahmt worden ist und der Aufrechnende die Gegenforderung danach erworben hat (§ 392 BGB), wenn die Hauptforderung durch eine vorsätzlich unerlaubte Handlung entstanden ist (§ 393 BGB) oder wenn die Hauptforderung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zusteht und die Gegenforderung nicht aus derselben Kasse zu berichtigen ist (§ 395 BGB). Auch durch andere Gesetze ist die Aufrechnung begrenzt oder ausgeschlossen, etwa in § 19 Abs. 2 GmbHG und § 66 AktG.
II. Unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderung
Rz. 8
Das Verbot greift nur dann, wenn Gegenstand der Ausschlussklausel eine Aufrechnung mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung (Gegenforderung) der Verwendergegenseite ist.
Rz. 9
Unbestritten ist eine Forderung, wenn weder Grund noch Höhe angegriffen werden. Dies gilt auch dann, wenn gegen diese Forderung mit einer unschlüssigen Forderung aufgerechnet wird. Andernfalls hätte es der Aufrechnungsgegner in der Hand, jede Aufrechnungsforderung durch Anmaßung ganz ungerechtfertigter Ansprüche zu einer bestrittenen zu machen.
Rz. 10
Die tatbestandliche Alternative der rechtskräftigen Feststellung der Forderung setzt das Vorliegen der formellen und materiellen Rechtskraft voraus. Diese Alternative wird zu Recht als Unterfall einer unbestrittenen Forderung angesehen, da in Rechtskraft erwachsene Forderungen einem Bestreiten ohnehin nicht mehr zugänglich sind. Daher erfasst eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftbedingungen, die nach ihrem Wortlaut nur die Aufrechnung mit unbestrittenen Forderungen zulässt, sinngemäß auch die Zulässigkeit der Aufrechnung mit rechtskräftigen Forderungen; sie ist daher wirksam. Umgekehrt gilt dies entgegen einer verbreiteten Meinung nur eingeschränkt: Klauseln, die ihrem Wortlaut nach lediglich die Aufrechnung mit rechtskräftigen Forderungen zulassen, sind nur in besonderen Fällen so auszulegen, dass sie auch die Aufrechnung mit unstrittigen Forderungen erlauben. Der Bundesgerichtshof hatte dies in einem Kaufleute betreffenden Fall ausnahmsweise bejaht, in dem der Verzicht des Kunden auf die Aufrechnung zusätzlich unter den Vorbehalt gestellt war, "soweit dies gesetzlich zulässig ist". Ohne diese besondere Formulierung erfasst die Zulässigkeit der Aufrechnung mit rechtskräftigen Forderungen nicht auch die Aufrechnung mit unbestrittenen Forderungen.
Rz. 11
Streitig ist die Frage, ob die bloße Entscheidungsreife der Forderung in der Gestalt, dass diese begründet ist, für die Anwendung des Verbotstatbestands § 309 Nr. 3 BGB genügt. Entscheidungsreif ist eine Forderung, wenn sie ohne Beweiserhebung zugesprochen werden kann. Es genügt hierbei nicht, dass nur der vermeintliche Anspruchsinhaber seine Forderung als begründet und entscheidungsreif ansieht. Steht in einem Gerichtsverfahren durch Beweisaufnahme nach der Überzeugung des Gerichts fest, dass ein schlüssig vorgetragener Anspruch gegeben ist, so kann es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben geboten sein, die Aufrechnungsbeschränkung unbeachtet zu lassen. Denn bei dieser Sachlage ist die Aufrechnungsforderung nicht bestreitbar. Ist die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung indes noch zu wenig substantiiert oder muss ihr Bestehen erst durch eine Beweisaufnahme geklärt werden, ist es dem Verwender nicht gemäß Treu und Glauben versagt, sich auf das Aufrechnungsverbot zu berufen. Ein damit befasstes Gericht darf in einem solchen Fall hinsichtlich der Aufrechnungsforderungen ni...