Rz. 12
Nach der Regelung in § 310 Abs. 1 BGB findet § 309 BGB auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber Unternehmern verwandt werden, keine direkte, sondern nur – vermittelt über § 307 Abs. 1 und 2 BGB – mittelbare Anwendung, wobei auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Hinsichtlich der Anwendung des § 309 BGB bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern hat der Bundesgerichtshof die sog. "Gleichschritt"-Rechtsprechung entwickelt: Fällt danach eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen gelten. Angesichts dieser gesetzgeberischen und richterlichen Bewertung wird man nicht umhin können, § 309 Nr. 4 BGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr grundsätzlich entsprechend anzuwenden, unter Berücksichtigung seiner besonderen Interessen und Bedürfnisse.
I. Mahnungsobliegenheit
Rz. 13
Der Unternehmer weiß mehr noch als der Verbraucher um die Bedeutung der Einhaltung von Zahlungsfristen und um die Folgen verspäteter Leistungen. Gemäß § 353 HGB sind im unternehmerischen Geschäftsverkehr Fälligkeitszinsen von fünf Prozent zulässig. Der Verzugszinssatz für Entgeltforderungen liegt gemäß § 288 Abs. 2 BGB bei neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Es ist daher naheliegend, im unternehmerischen Geschäftsverkehr den Verzugseintritt zu erleichtern und die Folgen des Verzugs für den Geschäftsgegner nachteiliger zu gestalten. Angesichts der detaillierten Freistellungsregelung des § 286 BGB bleibt indes kein großer Gestaltungsspielraum. Zulässig wäre es etwa, den Fälligkeits- oder Verzugszins moderat zu erhöhen. Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Auffassung kann jedoch grundsätzlich – über die in § 286 Abs. 2 BGB geregelten Fälle hinaus – nicht vom Erfordernis der Mahnung abgesehen werden. Zum einen trägt das hierzu als Beispiel der Rechtsprechung herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs diese Auffassung nicht. Der Bundesgerichtshof hatte in dem Fall (noch zu altem Recht) entschieden, dass eine Klausel, in der geregelt ist, dass ein Geschäftspartner 28 Tage nach Erhalt der Rechnung in Verzug kommt, nicht unangemessen i.S.d. § 307 BGB (§ 9 AGBG a.F.) ist. Diese richterliche Wertung hat der Gesetzgeber in der Schuldrechtsreform berücksichtigt: Nach § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist in einem derartigen Fall keine Mahnung erforderlich, sodass eine die Mahnung abbedingende Klausel auch heute aufgrund der gesetzlichen Regelung wirksam wäre. Zum anderen sind Verzugszinsen gemäß § 288 BGB nur bei Geldschulden bzw. Entgeltforderungen von Bedeutung. Darin erschöpfen sich die Rechtsfolgen des Verzuges jedoch nicht. Tritt etwa bei Lieferverpflichtungen Verzug ein, kann der gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 BGB zu ersetzende Verzögerungsschaden (z.B. entgangener Gewinn, Rechtsverfolgungskosten, zusätzliche Aufwendungen) erheblich sein, da der Gläubiger gemäß § 249 BGB so zu stellen ist, wie er bei rechtzeitiger Leistung stehen würde.
II. Fristsetzungsobliegenheit
Rz. 14
Anders als bei der Frage, ob und in welcher Höhe zusätzlich zur Hauptleistung Verzugszinsen geschuldet sind, stellen ein Rücktritt oder die Forderung nach Schadensersatz statt der Leistung so gravierende Änderungen der Rechts- und Vertragslage dar, dass auf das Erfordernis der Fristsetzung auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht verzichtet werden kann. Ist der Vertrag ausnahmsweise als relatives Fixgeschäft (bürgerlich-rechtliches gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB oder handelsrechtliches gemäß § 376 HGB – Fixhandelskauf) ausgestaltet, ist der Rücktritt auch ohne Mahnung zulässig, sofern die Leistungszeit nicht eingehalten wird. Bei einem relativen Fixgeschäft ist nicht nur die Leistungszeit genau bestimmt, sondern das Geschäft soll nach dem Willen der Parteien mit der Einhaltung der Leistungszeit "stehen und fallen". Bestimmte Klauseln wie "fix", "präzis" und "genau" können Indizwirkung für das Vorlieg...