I. Vertragsstrafen und verwandte Erscheinungsformen
1. Unselbstständige und selbstständige Strafversprechen
Rz. 5
Das Klauselverbot des § 309 Nr. 6 BGB gilt sowohl für unselbstständige als auch für selbstständige Strafversprechen.
Rz. 6
Die §§ 339 ff. BGB regeln das unselbstständige Strafversprechen. Es dient der Sicherung einer Hauptverbindlichkeit und ist von ihr abhängig (akzessorisch). Als Hauptverbindlichkeit kommen auch vertragliche Nebenpflichten oder gesetzliche Pflichten in Betracht.
Rz. 7
Vom unselbstständigen Strafversprechen unterscheidet sich das selbstständige Strafversprechen nach § 343 Abs. 2 BGB, das für den Fall versprochen wird, dass der Schuldner eine von ihm an sich nicht geschuldete Handlung vornimmt oder dass er eine Handlung unterlässt, zu der er nicht verpflichtet ist. Im Gegensatz zum unselbstständigen Strafversprechen ist das selbstständige Strafversprechen nicht akzessorisch.
2. Verfall- und Verwirkungsklauseln
Rz. 8
Von Verfall- oder Verwirkungsklauseln ist die Rede, wenn Bestimmungen vorsehen, dass eine Vertragspartei aufgrund einer Pflichtverletzung Rechte oder Ansprüche verliert, die ihr an sich zustehen. Die Vorschriften der §§ 339 ff. BGB und somit auch § 309 Nr. 6 BGB sind auf Verfall- oder Verwirkungsklauseln zumindest entsprechend anwendbar. Etwas anderes gilt für sog. "Vorfälligkeitsklauseln", durch die insbesondere bei Darlehensverträgen oder ähnlichen, langfristigen Dauerschuldverhältnissen Forderungen bei einem Verzug des Schuldners vorzeitig fällig gestellt werden. Auf Vorfälligkeitsklauseln finden die §§ 339 ff. BGB keine Anwendung.
3. Garantieversprechen
Rz. 9
Mit dem Garantieversprechen soll ein bestimmtes Verhalten in der Vergangenheit oder der Eintritt eines zukünftigen Erfolgs gewährleistet werden. Der Garant verspricht dem Gläubiger eine Leistung für den Fall, dass ein bestimmter, vom bisherigen (eigenen oder fremden) Verhalten abhängiger Erfolg entweder eintritt oder ausbleibt. Damit kann das Garantieversprechen – anders als das Strafversprechen – nicht als Druckmittel dienen, um den Garanten zu einem vertragsgemäßen Verhalten zu veranlassen. Auch zielt die für den Garantiefall versprochene Leistung vorrangig darauf ab, den bestimmten Erfolg herbeizuführen bzw. zu beseitigen, und soll den Gläubiger nicht vom Nachweis eines etwaigen Schadens befreien. Garantieversprechen unterliegen nicht der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 6 BGB, sondern sind an § 307 BGB zu messen.
II. Arbeitsverträge
Rz. 10
Keine Bedeutung hat das Klauselverbot des § 309 Nr. 6 BGB für Arbeitsverträge. Das BAG beurteilt Vertragsstrafeklauseln in Arbeitsverträgen wegen der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB) nach § 307 BGB (vgl. hierzu Stichwort "Vertragsstrafen", Rdn 2301 ff.).
III. Fallgruppen des § 309 Nr. 6 BGB
1. Nichtabnahme oder verspätete Annahme der Leistung
Rz. 11
§ 309 Nr. 6 BGB findet zunächst in denjenigen Fällen Anwendung, in welchen dem Schuldner eine Vertragsstrafenverpflichtung auferlegt werden soll, wenn er eine vom Gläubiger und Klauselverwender zu erbringende Geld-, Sach- oder Dienstleistung nicht oder verspätet abnimmt. Unter den Begriff "Abnahme" im Sinne dieser Vorschrift fallen nicht nur die gesetzlichen Abnahmetatbestände (§§ 433 Abs. 2, 640, 641, 641a BGB). Der Begriff ist weit auszulegen und erfasst jede Art der Abnahme einer Leistung, gleichgültig, ob es sich bei dieser um eine vertragliche Haupt- oder Nebenpflicht oder lediglich um eine Obliegenheit handelt.
2. Zahlungsverzug
Rz. 12
Die Vorschrift greif...