1. Nichtabnahme oder verspätete Annahme der Leistung
Rz. 11
§ 309 Nr. 6 BGB findet zunächst in denjenigen Fällen Anwendung, in welchen dem Schuldner eine Vertragsstrafenverpflichtung auferlegt werden soll, wenn er eine vom Gläubiger und Klauselverwender zu erbringende Geld-, Sach- oder Dienstleistung nicht oder verspätet abnimmt. Unter den Begriff "Abnahme" im Sinne dieser Vorschrift fallen nicht nur die gesetzlichen Abnahmetatbestände (§§ 433 Abs. 2, 640, 641, 641a BGB). Der Begriff ist weit auszulegen und erfasst jede Art der Abnahme einer Leistung, gleichgültig, ob es sich bei dieser um eine vertragliche Haupt- oder Nebenpflicht oder lediglich um eine Obliegenheit handelt.
2. Zahlungsverzug
Rz. 12
Die Vorschrift greift bei Vertragsstrafen ein, deren Verwirkung durch einen Zahlungsverzug des Schuldners (§ 286 BGB) ausgelöst wird. Der Begriff des Zahlungsverzugs ist ebenfalls weit auszulegen. Eine Vertragsstrafenklausel, die an eine nicht fristgemäße Zahlung des Schuldners anknüpft, ist nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. Auch ein Vertragsstrafeversprechen für das Ausbleiben einer Zahlung des Schuldners schlechthin wird von der Vorschrift erfasst. Für die Unwirksamkeit einer Klausel nach § 309 Nr. 6 BGB reicht es aus, wenn die Vertragsstrafe bei weiter Auslegung der gewählten Formulierungen zumindest auch einen Zahlungsverzug des Schuldners erfasst. Dies ist beispielsweise bei der Wahl der Formulierung "Nichteinhaltung des Vertrages" der Fall.
Rz. 13
Den Hintergrund dieses Klauselverbots bildet das fehlende Bedürfnis des Gläubigers sich im Verzugsfall durch eine Vertragsstrafe schadlos halten zu müssen, da ihm gesetzliche Schadensersatzansprüche (§§ 280, 286, 288 BGB) gegenüber dem Schuldner zustehen. § 309 Nr. 6 BGB ist nach h.M. auf einen Verzug des Schuldners mit der Erfüllung anderer vertraglicher Leistungspflichten als Zahlungspflichten nicht entsprechend anwendbar, sodass bei einer solchen Klauselgestaltung eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB erfolgen muss.
3. Lösung vom Vertrag
Rz. 14
§ 309 Nr. 6 BGB erfasst schließlich alle Fälle von Vertragsstrafeklauseln, die bei einer Lösung des Schuldners vom Vertrag eingreifen sollen. Hierbei bedeutet die Lösung vom Vertrag jede ausdrückliche Rechtshandlung (Rücktritt, Kündigung, Widerruf, endgültige Erfüllungs- oder Abnahmeverweigerung, Aufhebungsverlangen) oder die konkludente Bekundung eines nicht mehr bestehenden vertraglichen Bindungswillens. Im Rahmen dessen ist unbeachtlich, ob der Schuldner sein Lösungsrecht auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage ausübt. Selbst wenn der Schuldner zu einer Lösung vom Vertrag überhaupt nicht berechtigt sein sollte, besteht kein Bedürfnis nach einer Vertragsstrafe, da der Gläubiger in solchen Fällen Schadensersatzansprüche nach Maßgabe der §§ 280 ff. BGB gegenüber dem Schuldner geltend machen kann. Demnach greift § 309 Nr. 6 BGB auch bei Klauseln ein, die eine Vertragsstrafe bei nichtberechtigter Lösung des Schuldners vom Vertrag vorsehen.