Gesetzestext
6. |
(Vertragsstrafe) eine Bestimmung, durch die dem Verwender für den Fall der Nichtabnahme oder verspäteten Abnahme der Leistung, des Zahlungsverzugs oder für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird; |
A. Allgemeines
I. Bedeutung des Klauselverbots
Rz. 1
Die Verwendung formularmäßiger Vertragsstrafeklauseln im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern begegnet immer wieder schwerwiegenden Bedenken, da mit ihnen die Gefahr verbunden ist, dass der AGB-Verwender seine Vertragspartner in unangemessener Weise benachteiligt. Zum einen können Vertragsstrafen unabhängig vom Eintritt eines tatsächlichen Schadens geltend gemacht werden und beinhalten dadurch das Risiko, dass sich der Klauselverwender auf Kosten seiner Vertragspartner ungerechtfertigt bereichert. Zum anderen können Vertragsstrafeversprechen bewirken, dass der Vertragspartner zu unwirtschaftlichen Handlungen veranlasst wird, um die Zahlung der Vertragsstrafe zu vermeiden. Die Forderung nach einem generellen Verbot von Vertragsstrafeklauseln im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern ist daher berechtigt, konnte sich aber im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen. § 309 Nr. 6 BGB verbietet die Verwendung von Vertragsstrafeklauseln gegenüber Verbrauchern nur für die im Gesetz ausdrücklich genannten Fallkonstellationen. Diese Fallkonstellationen betreffen ausschließlich Pflichtverletzungen des Verbrauchers, bei denen dem Klauselverwender ohnehin Schadensersatzansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften zustehen, die er gegebenenfalls auch mit Hilfe einer Schadenspauschale i.S.v. § 309 Nr. 5 BGB geltend machen kann.
II. Abgrenzung zu § 309 Nr. 5 BGB
Rz. 2
Während sich die Wirksamkeit von Vertragsstrafeklauseln gemäß § 309 Nr. 6 BGB danach beurteilt, unter welchen Voraussetzungen die Vertragsstrafe verwirkt wird, verbietet § 309 Nr. 5 BGB unangemessen hohe Schadenspauschalen und verlangt vom AGB-Verwender, gegenüber seinem Vertragspartner die Möglichkeit des Gegenbeweises ausdrücklich zuzulassen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Klauselverbote ist der Abgrenzung zwischen pauschaliertem Schadensersatz und Vertragsstrafen grundlegende Bedeutung beizumessen. Insbesondere kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gericht eine Schadenspauschale, die einer Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 5 BGB standhalten würde, wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 6 BGB für unwirksam erklärt, weil es die Regelung als Vertragsstrafe einstuft.
Rz. 3
Umstritten ist, wie Vertragsstrafen und pauschalierter Schadensersatz voneinander abzugrenzen sind (vgl. hierzu § 309 Nr. 5 BGB Rdn 6 ff.) Mit der h.M. ist hierfür vorrangig auf die Funktion der jeweils zu beurteilenden Klausel abzustellen. Wird die Regelung in erster Linie als Druckmittel eingesetzt, um den Vertragspartner anzuhalten, seine Vertragspflichten zu erfüllen, ist von einer Vertragsstrafe auszugehen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Vertragsstrafen aufgrund ihrer Doppelfunktion (siehe hierzu Stichwort "Vertragsstrafen", Rdn 2281) nicht nur ein Druckmittel darstellen, sondern dem Gläubiger im Verletzungsfall auch eine erleichterte Schadloshaltung ohne Einzelnachweis ermöglichen sollen. Ebenso kann auch eine drohende Schadenspauschale Druck auf den Schuldner ausüben. Insofern müssen im Zweifelsfall weitere Kriterien zur Abgrenzung herangezogen werden (siehe § 309 Nr. 5 BGB Rdn 10).
Rz. 4
Scheitert eine erfolgreiche Abgrenzung an der Mehrdeutigkeit der Klauselgestaltung, so geht diese Unklarheit gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Das bedeutet, die Klausel ist so auszulegen, dass sie in den Anwendungsbereich desjenigen Klauselverbots (§ 309 Nr. 5 oder Nr. 6 BGB) fällt, das zu ihrer Unwirksamkeit führt.