Rz. 16
Fällt eine Preisanpassungsklausel schon nicht in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB, weil etwa der zugrundeliegende Vertrag eine längere Leistungszeit als vier Monate nach Vertragsschluss ausweist oder es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, kann sie bei Verträgen insbesondere mit Verbrauchern jedoch wegen § 307 BGB unwirksam sein.
Im Allgemeinen gilt hierbei, dass dem Verwender zwar ein gewisses Anpassungsbedürfnis des Preises gerade bei längeren Austauschverträgen zuzusprechen ist. So dienen Preisanpassungsklauseln einerseits dazu, dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher, ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern; andererseits können Preisanpassungsklauseln den Vertragspartner davor bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die vom Verwender einbezogene Preisanpassungsklausel ausschließlich oder überwiegend nur seine eigenen Interessen wahrt, indem sie etwa nicht nur eine Gewinnschmälerung auf Seiten des Verwenders verhindert, sondern ihm einen zusätzlichen Gewinn ermöglicht. Bei der Überprüfung der Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln nach § 307 BGB werden von der Rechtsprechung insbesondere drei Kriterien herangezogen: das Äquivalenzprinzip, das Gebot der Transparenz und die Einräumung eines Lösungsrechts vom Vertrag.
Rz. 17
Nach dem bei Preisanpassungsklauseln zu beachtenden Äquivalenzprinzip müssen in der entsprechenden Regelung die Vorstellungen der Parteien von der Gleichwertigkeit der von ihnen zu erbringenden Leistungen erhalten bleiben. So darf der Verwender bei Kaufverträgen nicht Kostensteigerungen ohne jede Begrenzung einseitig bestimmen, sei es um unvorhergesehenen Kostensteigerungen zu begegnen oder um einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen.
Rz. 18
Aus dem Transparenzgebot ergibt sich, dass für den Vertragspartner schon aus der Formulierung der Klausel heraus bei Vertragsschluss erkennbar sein muss, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang ihn höhere Preise bzw. Gebühren treffen können, sodass er die Berechtigung einer vom Verwender vorgenommenen Erhöhung anhand der Anpassungsklausel selbst prüfen kann.
Rz. 19
Ferner muss die Klausel der Verwendergegenseite im Einzelfall bei wesentlichen Preiserhöhungen – das sind solche, in denen der Preis deutlich stärker steigt als die Lebenshaltungskosten – grundsätzlich ein Lösungsrecht vom Vertrag in Form eines Rücktritts- bzw. Kündigungsrechts gewähren. Bei Bauverträgen spielt dagegen die Einräumung eines Lösungsrechts vom Vertrag, etwa in Form eines Rücktrittsrechts, keine Rolle. Denn bei Ausübung des Rücktrittsrechts wäre der Vertragspartner, wenn bereits – wie im Regelfall – Bauleistungen erbracht worden sind, erheblichen Vergütungsansprüchen des Klauselverwenders ausgesetzt.
Rz. 20
Als wirksam wurden hiernach in der Rechtsprechung Preisanpassungsklauseln anerkannt, die Preiserhöhungen nur im Rahmen von Preis- und Kostensteigerungen vorsehen. Als unwirksam sieht die Rechtsprechung Klauseln an, die die Preiserhöhung an die Entwicklung betriebsinterner Rechnungsgrößen koppeln, wenn diese dem Kunden nicht bekannt sind. Ist eine Konkretisierung nicht möglich, kann die Klausel ausnahmsweise wirksam bleiben, sofern dem Vertragspartner als Kompensation ein Lösungsrecht vom Vertrag eingeräumt wird. Bestimmt eine Tagespreisklausel beim Kfz-Neuwagenkauf, dass Preisänderungen zulässig sind, wenn zwischen Vertragsschluss und vereinbartem Liefertermin mehr als vier Monate liegen und der am Tag der Lieferung gültige Preis gelten solle, ist die Klausel unwirksam, weil bei dieser Regelung jede beliebige Preiserhöhung ermöglicht wird, auch soweit sie durch zwischenzeitlichen Kostenanstieg nicht gedeckt ist.
Rz. 21
Bei Verträgen zwischen Tarif- bzw. Grundversorgungskunden und Energieversorgungsunternehmen findet keine Inhaltskontrolle gemäß § 305 ff. BGB statt, da die zugrunde liegenden Bedingungen Rechtsnormen darstellen (etwa GasGVV, StromGVV, AVBFernwärmeV). So sind Preisanpassungsklauseln in einem Wärmeversorgungsvertrag mit einem Tarifkunden nicht an § 307 BGB, sondern ausschließlich an § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu messen. Verträge von Energieversorgungsunternehmen mit Sonderkunden unterliegen gemäß § 310 Abs. 2 BGB nicht der Kontrolle der §§ 308, 309 BGB, sofern sie nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für Tarif- und Grundversorgungskunden abweichen. Preisanpassungsklauseln sind jedoch nicht der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB entzogen; sie unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 BGB als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Für die Preisanpassungsklauseln der Energieversorgungsunternehmen gelten grundsätzlich die oben dargestellten allgemeinen Regelungen und Prinzipien der Rechtsprechung. Bi...