Prof. Dr. Barbara E. Reinhartz, Dr. Paul Vlaardingerbroek
Rz. 86
Durch die Auflösung der Gütergemeinschaft (bzw. durch das Anliegen der Eintragung der Entscheidung in die Register) entfallen deren Rechtsfolgen. Die Auflösung des Ehegüterrechtssystems hat zur Folge, dass keine weitere Vereinigung der Vermögenswerte der Ehegatten mehr stattfindet. Erst nach Auflösung der Gütergemeinschaft können die Vermögenswerte verteilt werden. Die Ehescheidung und die Aufteilung des Vermögens haben deklarative Bedeutung und wirken auf den Zeitpunkt der Auflösung zurück. Bei der gem. Art. 1:100 BW durchzuführenden Verteilung haben beide Ehegatten Anspruch auf die Zuteilung der Hälfte der Güter. Die Teilhaber können verlangen, dass die Verteilung mit der Erstellung eines Inventars beginnt (Art. 3:194 BW). Sie müssen einander Informationen über den Stand der Aktiva und Passiva der Gemeinschaft zur Verfügung stellen (Art. 1:83 BW). Kann ein Teilhaber beweisen, dass der andere Teilhaber absichtlich Vermögenswerte verschwiegen, beiseite geschafft oder versteckt hat, hat dieser keinen Anspruch auf die entsprechenden Güter; diese kommen in Gänze dem anderen Teilhaber zugute (Art. 3:194 Abs. 2 BW). Ein bestimmter Grad persönlicher Verbundenheit eines Gutes kann zur Folge haben, dass ein Ehegatte – i.d.R. gegen Anrechnung des Wertes – Anspruch auf ein bestimmtes Gut hat (Art. 1:101 BW). Redlichkeit und Billigkeit, welche die Rechtsbeziehung zwischen den Teilhabern bestimmen, können zur Folge haben, dass ein Teilhaber die Zuteilung bestimmter Güter verlangen kann, wenn sie für ihn aus sachlichen oder persönlichen Gründen von größerer Bedeutung sind als für den anderen Teilhaber (Art. 3:166 BW).
Rz. 87
Für den Fall, dass sich die Teilhaber hinsichtlich der Verteilung nicht einigen können, sieht das Gesetz folgende Möglichkeiten vor, um mit richterlicher Hilfe eine Lösung zu erzielen:
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das Einfordern der Verteilung (Art. 3:178 BW); |
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das Einfordern einer Aufteilung durch den Richter; |
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das Einfordern einer richterlichen Feststellung der Aufteilung (Art. 3:185 BW). |
Rz. 88
Das Gesetz sieht auch die Möglichkeit vor, sämtliche Anträge auf einmal anhängig zu machen, allenfalls als Nebenantrag (Art. 677 Abs. 4 Rv) bei einem Antrag auf Ehescheidung (Art. 1:99 Abs. 2 und Art. 827 Abs. 1 sub b Rv). Dem Antrag auf Aufteilung durch den Richter kann ohne weiteres stattgegeben werden. Für die beiden anderen Alternativen wird mangelndes Einvernehmen der Parteien erforderlich sein, um zu einer gerichtlichen Entscheidung zu kommen. Dies kann sich aus den Verhandlungen zwischen den Parteien selbst – mit oder ohne Notar – ergeben.
Rz. 89
Im Zuge der Aufteilung muss insbesondere auf folgende Problembereiche geachtet werden:
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Hypotheken |
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(Lebens-)Versicherungen |
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Schulden |
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steuerliche Belastungen sowie Zahlungen für die vorangehenden Jahre und – noch wichtiger – Rückzahlungen. |
Des Weiteren ist die besondere rechtliche Behandlung der Pensionsansprüche zu beachten.
Rz. 90
Besitzen die Parteien eine Eigentumswohnung, können Probleme auftreten. Bei einem Wertüberschuss kann der Mehrwert so ausgeglichen werden, dass die eine Partei der anderen Partei die Hälfte des Mehrwerts auszahlt. In der Vereinbarung wird dann die Ehewohnung einer Partei zugeteilt. Ist die Wohnung hypothekarisch belastet, wird dies in der Vereinbarung oder im Notariatsakt vermerkt, ergänzt durch die Klausel, dass der zukünftige Alleineigentümer die andere Partei von allfälligen Ansprüchen dritter Personen, insbesondere des Hypothekargläubigers, freistellt. Vereinbaren die Parteien gemeinsam Eigentümer zu bleiben, hat der Ehegatte, der in der Wohnung verbleibt, dem anderen eine Ausgleichszahlung zu leisten, wobei unklar ist, wie hoch sie sein sollte. In der Rechtsprechung finden sich viele verschiedene Berechnungsweisen.
Rz. 91
Lebensversicherungen, welche nicht hypothekarisch belastet sind, sind bei einer Aufteilung mit ihrem reellen Wert anzusetzen. Die Übertragung solcher Werte aus Versicherungsverträgen kann zu steuerlichen Forderungen führen. Regelmäßig werden Versicherungen jener Person zugeteilt, auf die sie sich beziehen.
Rz. 92
Stets muss es Ziel sein, jenen Ehegatten, der bestimmte Schulden übernimmt, auch aus der Haftung zu entlassen. In den letzten Jahren wird es immer schwieriger, dies bei den Banken für den anderen Ehegatten durchzusetzen, sodass dann der Verkauf der ehemaligen Ehewohnung die einzig mögliche Lösung ist, obwohl der eine Ehegatte die Wohnung gerne übernommen hätte.
Rz. 93
Nehmen die Parteien einen getrennten Wohnsitz in der Absicht, nicht wieder zusammenzuziehen, gelten sie steuerlich nicht mehr als Ehepartner. Ab diesem Zeitpunkt wird jeder getrennt besteuert. Für die der Trennung vorangehenden Jahre ist eine Vereinbarung zu treffen.