Prof. Dr. Barbara E. Reinhartz, Dr. Paul Vlaardingerbroek
Rz. 116
Gegen einen einseitigen Antrag auf Ehescheidung kann Einspruch wegen einer allfälligen Pension (Hinterbliebenenrente) erhoben werden. Dies ist in Art. 1:153 BW geregelt. Würde als Folge der beantragten Ehescheidung eine bestehende Aussicht auf Auszahlung an den anderen Ehegatten im Todesfall des Ehegatten, der den Antrag gestellt hat, verloren gehen oder in beträchtlichem Maße reduziert werden und legt der andere Ehegatte aus diesem Grund Einspruch ein, kann die Ehescheidung nicht erfolgen, bevor nicht Vorkehrungen getroffen sind, die in Anbetracht der Gesamtumstände für beide Ehegatten billig sind. Ob eine Vorkehrung für beide Ehegatten als billig zu erachten ist, richtet sich nach den Gesamtumständen des Falles, dem Alter desjenigen, der den Anspruch zu verlieren droht, der Möglichkeit, selbst Vorkehrungen zu treffen, dem zu erwartenden Pensionsverlust und nach dem (voraussichtlichen) Einkommen der Parteien. Art. 1:153 Abs. 1 BW ist nicht anzuwenden, wenn
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redlicherweise zu erwarten ist, dass der andere Ehegatte selbst ausreichende Vorkehrungen treffen kann; oder |
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die unheilbare Zerrüttung der Ehe in überwiegendem Maße dem anderen Ehegatten zuzuschreiben ist (Art. 1:153 Abs. 2 BW). |
Art. 1:153 BW (Einspruch wegen Verlust von Hinterbliebenenrente) darf auch nicht genutzt werden, um in der Berufung nach der Entscheidung des Bezirksgerichts zu versuchen, die Scheidung zu vermeiden. Wenn z.B. die beiden Ehegatten zusammen ihre Ehescheidung beantragen und der Richter die Entscheidung auf ihren Antrag dazu entschieden hat, und wenn dann ein enttäuschter geschiedener Partner gegen das Urteil Berufung einlegt und sich dabei auf Art. 1:153 BW beruft, wird von Rechtsmissbrauch gesprochen.