Prof. Dr. Barbara E. Reinhartz, Dr. Paul Vlaardingerbroek
a) Öffnung der Ehe für Personen desselben Geschlechts
Rz. 4
Seit dem 1.4.2001 ist die Ehe für Personen desselben Geschlechts zugänglich. Bis dahin war die Ehe in den Niederlanden lediglich für Personen verschiedenen Geschlechts zugänglich. Die Öffnung der Ehe für Personen desselben Geschlechts ist in der ersten (allgemeinen) Vorschrift von Titel 5 Buch 1 BW (Art. 1:30 Abs. 1 BW) geregelt. Diese lautet: "Eine Ehe kann durch zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts geschlossen werden." Im Jahr 2019 gab es 62.146 Eheschließungen zwischen Mann und Frau, 675 Eheschließungen zwischen zwei Männern, und 744 Eheschließungen zwischen zwei Frauen. Wegen Corona wurde in den Wochen 12–20 des Jahres 2020 nur die Hälfte der Ehen geschlossen im Vergleich zu der gleichen Periode im Vorjahr.
b) Ehemündigkeit/Geisteszustand
Rz. 5
Um eine Ehe eingehen zu dürfen, muss das 18. Lebensjahr vollendet sein (Art. 1:31 Abs. 1 BW). Dieser Artikel wurde am 5.12.2015 dahingehend geändert, um Zwangsehen weitestgehend zu vermeiden. Auch wenn das schwangere Mädchen 16 oder 17 Jahre alt ist oder bereits ein Kind hat und die junge Mutter vom Jugendrichter volljährig erklärt worden ist (Art. 1:253ha BW), muss sie bis zum 18. Lebensjahr warten, bevor sie heiraten darf. Dasselbe gilt für eine registrierte Partnerschaft.
Rz. 6
Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn der Geisteszustand einer Partei in einem solchen Ausmaß gestört ist, dass diese nicht in der Lage ist, ihren freien Willen zu äußern oder die Tragweite ihrer Willenserklärung zu erfassen (Art. 1:32 BW). Art. 1:32 BW gilt sowohl für diejenigen, die aufgrund ihrer Geistesstörung unter Vormundschaft (curatele) stehen, als auch für andere Personen, die geistig gestört sind. Ist der geistig Gestörte unter Vormundschaft gestellt, muss der Kantonrichter seine Zustimmung für eine Eheschließung erteilen (Art. 1:38 BW). Sonst muss der Kurator seine Zustimmung erteilen.
c) Eheverbote
Rz. 7
Eine Person kann zur selben Zeit nur mit einer Person verheiratet sein (Art. 1:33 BW). Diese Bestimmung enthält das Prinzip der monogamen Ehe. Die vorsätzliche Verletzung dieser Vorschrift erfüllt den strafrechtlichen Tatbestand der Bigamie (Art. 237 Sr). Diejenigen, die eine Ehe miteinander eingehen wollen, dürfen zugleich nicht auch eine registrierte Partnerschaft eingehen (Art. 1:42 BW).
Rz. 8
Das Gesetz enthält seit dem Wegfall von Art. 1:42 BW alt (dieser enthielt ein Eheverbot für jene Paare, die öfter als einmal voneinander geschieden worden waren) nur noch eine relative Ehevoraussetzung, nämlich Art. 1:41 BW. Die Vorschrift des Art. 1:41 Abs. 1 BW verbietet die Eheschließung zwischen Blutsverwandten in aufsteigender und in absteigender Linie sowie in derselben Linie zwischen Geschwistern. Blutsverwandte im dritten oder vierten Grad (Onkel, Tante, Neffe, Nichte) dürfen seit dem 5.12.2015 nur untereinander heiraten, wenn sie zuvor beim Standesbeamten einen Eid abgelegt haben, dass sie aus freiem Willen heiraten möchten. Letzteres gilt auch für Halbbrüder und Halbschwestern. Für Adoptivbrüder und Adoptivschwestern kann eine Ausnahme gemacht werden, die jedoch kaum in Anspruch genommen wird. Die gegenwärtige Regierung hat, um die Familienmigration einzuschränken, mehrere Maßnahmen getroffen, wie z.B. Verschärfung des Vorgehens gegen Scheinehen und Zwangsheirat, Verschärfung der Bestrafung bei Zwangsheirat (2 Jahre Gefängnisstrafe), Verbot von Ehen zwischen Familienverwandten im dritten und vierten Grad, also zwischen Onkel, Tanten, Neffen und Nichten (es sei denn, das Standesamt bescheinigt die freiwillige Eheschließung). Weiterhin werden polygame Eheschließungen nicht anerkannt, wenn einer der Ehegatten die niederländische Staatsangehörigkeit besitzt. Auch werden die Prüfungsgründe im Einbürgerungsgesetz verschärft. Dies alles sind Maßnahmen, um die Immigration einzuschränken und die Integration vor allem von Marokkanern und Türken zu verbessern. Daneben wird versucht, Zwangsehen zu vermeiden. Zudem wurde, wie bereits erwähnt, das Heiratsmindestalter erhöht (vom 16. Lebensjahr auf das 18. Lebensjahr).