Hella Slegt-Moens, Arlette R. van Maas de Bie
Rz. 118
Ein zweistufiges Testament (fideicommis de residuo) als Überlebendenregelung ist ein Testament, in dem der Erblasser seinen Ehegatten als seinen Alleinerben einsetzt.
Der Ehegatte ist der Erbe unter auflösender Bedingung (de bezwaarde/der sog. Belastete). Dies wird als erste Stufe bezeichnet. Die Kinder werden als verwachters (sog. Erwarter) bezeichnet. Sie sind Begünstigte unter der aufschiebenden Bedingung des Todes des Belasteten. Dies wird als zweite Stufe bezeichnet. Mit Inkrafttreten der zweiten Stufe geht das verbleibende Vermögen auf die Erwarter über.
Durch diese Regelung – die in gewisser Weise dem deutschen "Supervermächtnis" vergleichbar ist – kann der hohe Erbschaftssteuerfreibetrag für den überlebenden Ehegatten optimal ausgenutzt und u.U. sogar sichergestellt werden, dass beim ersten Todesfall keine Erbschaftssteuer anfällt.
Dadurch verschiebt sich die Erbschaftssteuerbelastung. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten ist eine Erbschaftssteuererklärung für den Nachlass des überlebenden Ehegatten sowie (weitere) Erklärungen im Zusammenhang mit dem Erwerb durch die Erwartenden aus dem Nachlass des ersten verstorbenen Ehegatten abzugeben.
Der Belastete verfügt generell über eine uneingeschränkte Verfügungs- und Verdauungsbefugnis. Dritten gegenüber gilt er daher als Inhaber des Vermögens.
Im Hinblick auf das Innenverhältnis zwischen dem Erbe unter einer auflösenden Bedingung und denjenigen, die den Erwerb infolge der Erfüllung erhalten würden, ist Folgendes wichtig: Die gesetzlichen Bestimmungen zum Nießbrauch (Titel 3.8 BW) gelten entsprechend für das Verhältnis zwischen dem Belaster und dem Erwarter in einem solchen zweistufigen Testament (Art. 4:138 Abs. 2 BW). In der Literatur wird die Frage diskutiert, ob die Nießbrauchspflichtbestimmungen des Titels 3.8 BW auch für eine zweistufige Vorbereitung zwingend sind. Art. 4:138 Abs. 2 BW stellt nicht klar, welche Nießbrauchsbestimmungen anwendbar sind (oder sein könnten) und welche ihrer Natur nach nicht.
Der Belastete muss dem Erwartenden (Anspruchsberechtigten) jährlich eine Aufstellung über das belastete Vermögen vorlegen. Darüber hinaus muss der Belastete das belastete Vermögen getrennt von seinem übrigen Vermögen verwalten. In der Praxis wird dies häufig nicht eingehalten (u.a., weil dies z.B. bei Banken zu Problemen führt) und kann im Falle des Todes des Belasteten zu viel Diskussion und Unsicherheit führen. Darüber hinaus werden diese Pflichten für den Erwarter häufig als sehr belastend empfunden. Wenn das Verhältnis zwischen Erwartendem und Belasteten nicht (mehr) gut ist, stößt auch die jährliche Auskunftspflicht auf erhebliche Einwände.