Prof. Dr. Barbara E. Reinhartz, Dr. Paul Vlaardingerbroek
I. Trennung von Tisch und Bett
1. Voraussetzungen
Rz. 63
Anders als im Falle einer Ehescheidung nach Art. 1:150–166 BW führt die Trennung von Tisch und Bett nicht zur Auflösung der Ehe. Die Ehe bleibt aufrechterhalten. Die Trennung von Tisch und Bett ist daher eine Option für jene Ehepartner, die aus religiösen oder finanziellen Gründen keine Eheauflösung anstreben. Die Trennung von Tisch und Bett wird anno 2020 sehr selten in Anspruch genommen. Gemäß Art. 1:169 BW sind die Vorschriften über die Ehescheidung auf die Scheidung von Tisch und Bett entsprechend anzuwenden. Eine Scheidung von Tisch und Bett kann aus demselben Grund und auf dieselbe Art und Weise beantragt werden wie die Ehescheidung (Art. 1:169 Abs. 1 BW). Die unheilbare Zerrüttung der Ehe ist auch in diesem Fall Trennungsvoraussetzung. Der Antrag kann sowohl gemeinsam als auch von einem Ehegatten eingereicht werden.
2. Rechtsfolgen
Rz. 64
Mit Eintragung in das Ehegüterrechtsregister wird eine Ehe von Tisch und Bett getrennt (Art. 1:116 BW). Die Eintragung erfolgt auf Antrag beider oder eines Ehegatten. Mangels eines Antrags innerhalb von spätestens sechs Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses verliert dieser seine Rechtskraft (Art. 1:173 BW). Wenn sich die Ehegatten wieder versöhnen und dies im Ehegüterrechtsregister eintragen, endet die Scheidung von Tisch und Bett, Art. 1:176 BW. Ähnlich wie bei einer Wiederheirat desselben Partners (Art. 1:166 BW) gelten dann wieder die Regelungen der Ehe mit einer begrenzten Rückwirkung (Art. 1:176 Abs. 2 BW).
Rz. 65
Art. 1:157–157a BW über die Unterhaltspflicht sind ebenfalls entsprechend anzuwenden, was bedeutet, dass Fristen, wie sie in Art. 1:157 Abs. 3–6 BW geregelt sind, an dem Tag zu laufen beginnen, an dem der Beschluss zur Trennung von Tisch und Bett in das Ehegüterrechtsregister eingetragen wird (Art. 1:116 BW), und dass die Dauer der Ehe bis zu jenem Tag andauert (Art. 1:169 Abs. 2 BW). In der Regel wird das gemeinsame Sorgerecht beider Eltern nach der Trennung von Tisch und Bett beibehalten. Art. 1:160 BW, der die Beendigung des Unterhaltsanspruchs regelt, wenn die unterhaltsberechtigte Partei erneut heiratet, sich als Partner registrieren lässt oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit einem Partner zusammenlebt, ist bei der Trennung von Tisch und Bett nicht anzuwenden. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebt, verliert sein Recht auf Unterhalt nicht. Sehr wohl aber kann die Unterhaltshöhe herabgesetzt werden, wenn das Zusammenleben die Anspruchsbedürftigkeit reduziert, denn der Lebensgefährte kann vom anderen Lebensgefährten durchaus Unterhalt bekommen. Art. 1:153 BW ist bei einem Antrag auf Trennung von Tisch und Bett nicht anzuwenden.
Rz. 66
Eine Trennung von Tisch und Bett kann immer zur Auflösung der Ehe führen. Hierzu ist das Verfahren des Kap. 2, Titel 10 Buch 1 BW vorgesehen: Auflösung der Ehe nach Trennung von Tisch und Bett (Art. 1:179–183 BW). Für einen einseitigen Antrag auf Auflösung der Ehe ist eine Mindestdauer der Trennung von Tisch und Bett erforderlich. Die Auflösung der Ehe jener Ehegatten, die von Tisch und Bett getrennt sind, wird auf Antrag eines Ehegatten ausgesprochen, wenn die Trennung von Tisch und Bett mindestens drei Jahre gedauert hat (Art. 1:179 Abs. 1 BW). Diese Frist kann auf Antrag des die Auflösung begehrenden Ehegatten auf mindestens ein Jahr verkürzt werden, wenn der andere Ehegatte ein ständiges Fehlverhalten an den Tag legt, so dass es dem anderen Ehegatten nicht zugemutet werden kann, die Ehe fortzusetzen (Art. 1:179 Abs. 2 BW).
Rz. 67
Die Auflösung der Ehe von Ehegatten, die von Tisch und Bett getrennt sind, kann auch auf gemeinsamen Antrag hin erfolgen (Art. 1:181 BW). Eine Wartefrist ist in diesem Fall nicht vorgesehen. Bis zum Ausspruch der Auflösung der Ehe kann jeder Ehegatte den Antrag zurücknehmen (Art. 1:182 jo. 154 Abs. 2 BW).
Rz. 68
Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht der Art. 1:157–160 BW sind gem. Art. 1:182 BW im Falle der Auflösung der Ehe nach Trennung von Tisch und Bett entsprechend anzuwenden. Bestand während der Trennung von Tisch und Bett eine Unterhaltsverpflichtung, wird diese bei der Berechnung der in Art. 1:157 Abs. 3–6 BW erwähnten Fristen berücksichtigt. Anders als bei der Trennung von Tisch und Bett kann bei einer Auflösung der Ehe nach der Trennung von Tisch und Bett sehr wohl eine Pensionsregelung i.S.v. Art. 1:153 BW erforderlich sein; eine solche ist in Art. 1:180 BW vorgesehen. Mit der Eintragung der Entscheidung über die Auflösung der Ehe in die Zivilstandsregister gem. Art. 1:163 Abs. 2–3 BW ist die Ehe aufgelöst. Die Eintragung hat innerhalb von sechs Monaten zu erfolgen. Ohne Eintragung erlischt die Entscheidung über die Auflösung der Ehe; es ist dann ein neuer Antrag einzureichen.