Rz. 17

Das Haager ErbrechtÜbk. stellt in seinem Art. 3 einen Kompromiss zwischen dem gewöhnlichen Aufenthalt und der Staatsangehörigkeit dar. Es gilt eine dreistufige Anknüpfungsleiter:

Gemäß Art. 3 Abs. 1 Haager ErbrechtÜbk. ist das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt des Todes hatte, einschlägig, wenn er in diesem Zeitpunkt zugleich die Staatsangehörigkeit dieses Staates hat.[12]

Das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts ist gem. Art. 3 Abs. 2 Haager ErbrechtÜbk. gleichfalls einschlägig, wenn der Erblasser unmittelbar vor seinem Tode während eines Zeitraums von mindestens fünf Jahren dort ununterbrochen seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hatte. Ausgenommen ist der Fall, dass in außergewöhnlichen Umständen der Erblasser im Zeitpunkt des Todes offensichtlich eine engere Verbindung zu einem Heimatstaat hatte. Dann wird die Erbfolge durch das Heimatrecht beherrscht.

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist vertragsautonom zu interpretieren. Im Allgemeinen wird angenommen, dass der gewöhnliche Aufenthalt zu dem Ort oder in dem Staat, in dem der Schwerpunkt der gesellschaftlichen und sozialen Bindungen der betreffenden Person liegt, als Daseinsmittelpunkt besteht. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des Übereinkommens ist vor allem ein faktischer Begriff. Aus dem Erläuterungsbericht ist zu entnehmen, dass es sich beim gewöhnlichen Aufenthalt insbesondere um die regelmäßige "körperliche Anwesenheit des Erblassers während einiger Zeit im Aufenthaltsstaat handelt und der Aufenthalt eine gewisse Dauerhaftigkeit des Aufenthalts erfordert". Bei einem Aufenthaltswechsel wird der neue Aufenthaltsort i.d.R. erst nach einigen Monaten als gewöhnlicher Aufenthalt angesehen. Doch die Aufenthaltsdauer ist nicht alleine ausschlaggebend. Die soziale und gesellschaftliche Bindung zu einem Staat ist ebenfalls zu berücksichtigen wie die Erwartungen und Pläne des Erblassers. Im Allgemeinen muss also die Rede sein von einer gewissen Dauerhaftigkeit, um dem faktischen Aufenthalt hinreichende Anknüpfungswerte zuerkennen zu können.

Wenn auch die Anknüpfungstatbestände des Art. 3 Abs. 2 Haager ErbrechtÜbk. nicht erfüllt worden sind, ist nach Art. 3 Abs. 3 Haager ErbrechtÜbk. höchst hilfsweise das Heimatrecht im Zeitpunkt des Todes anzuwenden, es sei denn, der Erblasser hat in diesem Zeitpunkt des Todes eine engere Verbindung mit einem anderen Staat.
 

Rz. 18

Bei der Auslegung des Begriffs "engere Verbundenheit" des Art. 3 Abs. 3 Haager ErbrechtÜbk. sind die gleichen Indizien wie bei der Festsetzung des gewöhnlichen Aufenthalts zu beachten. Dies wird vom Erläuterungsbericht bestätigt, in dem ausgeführt wird:

Zitat

"Once again the considerations are his nationality, the location of his immediate family, his personal ties, the nature and location of his employment or business, the permanence of his place of residence (his apparent home), the principal situs of his personal assets, and his journeying and the reasons for the same."

 

Rz. 19

Bei Feststellung der ggf. engeren Verbundenheit sind sowohl die objektiven Indizien als auch die subjektiven Indizien (das Vorhaben) des Erblassers zu berücksichtigen.

[12] Siehe z.B. Hoge Raad 8.7.2005, NIPR 2005, 209.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge