Arlette R. van Maas de Bie, Hella Slegt-Moens
1. Testamentsformen
Rz. 106
Das niederländische Recht kennt verschiedene Arten von letztwilligen Verfügungen. In den Niederlanden ist dies ein einseitiges Rechtsgeschäft seitens des Erblassers.
Rz. 107
Das Testament wird ausschließlich im Wege der notariellen Beurkundung errichtet. Nach niederländischem Recht gibt es drei Formen von letztwilligen Verfügungen:
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Das öffentliche Testament (openbare testament), welches beim Notar aufgenommen wird (zum Inhalt des Testaments siehe Rdn 112); |
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das sog. Depottestament, für dessen Inhalt der zukünftige Erblasser gänzlich selbst verantwortlich ist und beim Notar in Depot gegeben wird; und |
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das Codicil (siehe dazu Rdn 109 f.). |
Rz. 108
Das Testament wird vom Notar im Centraal Testamenten Register (Testamentsregister) in Den Haag eingetragen (siehe auch Rdn 129). Neben Testamenten werden im Centraal Testamenten Register auch die Zusammenlebensverträge und sonstigen notariellen Akte, in denen eine Aufenthaltsklausel aufgenommen ist, eingetragen.
Rz. 109
Das sog. Codicil ist eine informelle Form einer letztwilligen Verfügung. Es ist ein durch den Erblasser eigenhändig geschriebenes, unterzeichnetes und datiertes Schriftstück. Im Codicil kann Folgendes festgelegt werden:
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die Bestattung; |
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das Zurverfügungstellen der irdischen Reste für die Wissenschaft; |
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Vermächtnisse für Kleider, Körpergegenstände, Schmuck, Hausrat und Bücher. |
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Es ist jedoch nicht möglich, einen Testamentsvollstrecker im Codicil zu ernennen. Dies war aber wohl noch unter dem alten Erbrecht vor dem 1.1.2003 möglich. |
Rz. 110
Vorteil eines Codicils ist, dass es ohne Mitwirkung eines Notars abgeändert oder widerrufen werden kann. Nachteil ist, dass es nicht in einem offiziellen Register eingetragen zu werden braucht, was manchmal zu Beweisschwierigkeiten Anlass geben kann. Gerade wegen des informellen Charakters werden Codicilli nicht im Zentralen Testamentsregister (CTR) eingetragen. Es gilt nämlich als widerrufen, wenn es zerrissen ist. Dies kann im Zentralen Testamentsregister nicht nachverfolgt werden.
Rz. 111
Es ist empfehlenswert, das Codicil an einem sicheren Platz aufzubewahren und den Testamentsvollstrecker über die Existenz des Codicils zu informieren.
2. Inhalt des Testaments
Rz. 112
Mittels eines Testaments kann der zukünftige Erblasser die Erbfolge regeln. Er kann eine vom Gesetz abweichende Erbfolge im Testament festlegen. Der Erblasser kann andere als die gesetzlichen Erben als testamentarische Erben einsetzen. So kann er das Stiefkind als eigenes Kind zum Erben ernennen. Die Erben brauchen nicht natürliche Personen zu sein, sondern können auch juristische Personen sein (insb. wohltätige Vereinigungen). Eine Vereinigung, deren Statuten nicht in einer notariellen Akte aufgenommen sind, kann aber keine im Register verbuchten Güter erwerben und auch kein Erbe sein (Art. 2:30 Abs. 1 BW).
Rz. 113
Im Testament können vom Gesetz abweichende Erbteile festgelegt sein. So kann der Erblasser von der gesetzlichen Erbfolge abweichen und den überlebenden Ehegatten enterben.
Rz. 114
Im Testament kann ein Vermächtnis (legaat) aufgenommen werden. Ein Vermächtnis ist ein Forderungsrecht unter besonderem Titel. Es kann aus einer Geldsumme oder aus Gütern bestehen. Der Vermächtnisnehmer haftet nicht für die Schulden des Erblassers.
Rz. 115
Weiter kann im Testament eine Last (Auflage) aufgenommen werden. Dies ist eine Verpflichtung für die Erben oder Vermächtnisnehmer, die jedoch kein Forderungsrecht gibt. Es kann nicht rechtlich durchgesetzt werden. Die Last kann aber als auflösende Bedingung für die Erbeinsetzung oder das Vermächtnis ausgestaltet werden. Bei Nichterfüllung der Last kann die Erbschaft entfallen.
Rz. 116
Im Testament können auch Schutzregelungen für minderjährige, jungerwachsene und behinderte Erben aufgenommen werden. Es handelt sich um eine testamentarische Verwaltung, bei der das Vermögen des Erben unter die Verwaltung eines Verwalters gestellt wird. Die Verwaltung kann z.B. beendet werden, wenn das minderjährige Kind ein bestimmtes Alter erreicht hat, bei dem der Erblasser meint, dass das Kind beim Erreichen dieses Alters selbstständig über das ererbte Vermögen verfügen kann.
Rz. 117
Auch werden in Testamenten sogenannte fideicommissaire Regelungen (ähnlich wie Vor- und Nacherbschaft) aufgenommen. Dazu legt der Erblasser in seinem Testament fest, wer das Vermögen erben soll, wenn der bestellte Erbe seinerseits verstirbt. Dies sind komplizierte Regelungen, sie erfordern äußerste Sorgfalt bei der Testamentsgestaltung und sind in vielen Varianten möglich. Wichtige Erwägung dabei ist oft der Gedanke, "über das Grab hinaus regieren zu wollen", aber auch steuerliche Erwägungen (Einsparung von Erbschaftsteuer) können eine Rolle spielen.
Rz. 118
Im Testament wird häufig auch eine Ausschlussklausel aufgenommen. Dies...