Rz. 52

Art. 2:177 Abs. 3 NL-BGB bestimmt, dass der Sitz der B.V. in den Niederlanden liegen muss. Eine Rechtsperson hat ihren Sitz dort, wo sie in Übereinstimmung mit ihrem Gesellschaftsvertrag ihren Satzungssitz (statutaire zetel) hat (Art. 1:10 Abs. 2 NL-BGB). Der Satzungssitz braucht aber nicht der einzige Sitz der B.V. zu sein. Es ist möglich, dass die B.V. an anderen Orten (entweder im In- oder Ausland) Zweigniederlassungen hat. Diese Zweigniederlassungen werden meistens als Filiale bezeichnet.

 

Rz. 53

Folgende Gesetze ermöglichen es, den Satzungssitz ins Ausland zu verlegen:

Reichsgesetz über die freiwillige Sitzverlegung 1967 (Rijkswet Vrijwillige Zetelverplaatsing van Rechtspersonen 1967). Dieses Gesetz bietet bestimmten Rechtspersonen, darunter die B.V., die Möglichkeit, ihren Sitz in die Niederlande und von den Niederlanden aus ins Ausland zu verlegen, während die Rechtsperson dabei die Rechtsform einer juristischen Person nach dem Recht des Landes annimmt, in das ihr Sitz verlegt wurde. "Ausland" hat in diesem Fall nur eine beschränkte Bedeutung, weil es sich hier um Sitzverlegungen innerhalb von Ländern des Königreiches handelt und solche nur im Falle (drohender) Kriegssituationen, Revolutionen oder vergleichbarer außerordentlicher Umstände möglich sind, wobei die Sitzverlegung im Interesse der Rechtsperson sein muss. Das bedeutet, dass eine niederländische Rechtsperson in einer (drohenden) Kriegssituation ihren Sitz nach Aruba, Curaçao und Sint Maarten verlegen kann und umgekehrt. Die Sitzverlegung erfolgt durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags der Rechtsperson. Ferner müssen die Justizminister der relevanten Länder zustimmen. Nach der Sitzverlegung ist es möglich, den Sitz wieder in den Teil des Königreiches zu verlegen, in dem die Rechtsperson ursprünglich gegründet wurde.
Zur Ergänzung des Reichsgesetzes über die freiwillige Sitzverlegung 1967 wurde das Gesetz über die freiwillige Sitzverlegung in dritte Länder (Wet Vrijwillige Zetelverplaatsing Derde Landen) verabschiedet. Auch dieses Gesetz sieht vor, dass bestimmte Rechtspersonen, darunter die B.V., ihren Sitz ins Ausland verlegen können, und auch diese Sitzverlegung hat nur in (drohenden) Kriegssituationen oder vergleichbaren außerordentlichen Umständen Wirkung. Geregelt werden jedoch Sitzverlegungen außerhalb des Königreiches, das Gesetz erfasst daher nur den Akt der Verlegung (aus den Niederlanden heraus ins Ausland bzw. aus dem Ausland in die Niederlande herein). Die weiteren Verlegungshandlungen im Ausland unterliegen den jeweils dort geltenden nationalen Bestimmungen.
Ferner und ebenfalls in Ergänzung des Reichsgesetzes über die freiwillige Sitzverlegung 1967 ist, unter den gleichen besonderen Umständen, eine Sitzverlegung von Rechtspersonen und Einrichtungen durch den Staat innerhalb des Königreiches möglich (Rijkswet zetelverplaatsing door de overheid van rechtspersonen en instellingen).
Für europäische Gesellschaften ist im allgemeinen Sinn bestimmt, dass eine Sitzverlegung möglich ist. Art. 8 der Verordnung enthält eine Regelung für die Sitzverlegung einer europäischen Gesellschaft in einen anderen Staat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums.[39]

Der EuGH hat in 2008,[40] in 2012[41] und in 2017[42] über grenzüberschreitende Umwandlungen geurteilt. Dieser Rechtsprechung zufolge müssen die Niederlande die Umwandlung einer niederländischen Kapitalgesellschaft in eine ausländische Kapitalgesellschaft gestatten, wenn das andere Land diese Umwandlung erlaubt (Cartesio). Aufgrund des Vale-Urteils kann man die Schlussfolgerung ziehen, dass die Niederlande die Umwandlung einer ausländischen Kapitalgesellschaft in eine niederländische Kapitalgesellschaft aufgrund von Art. 2:18 NL-BGB gestatten müssen. Ferner ist die Verlegung des juristischen Satzungssitzes einer Kapitalgesellschaft auch möglich, ohne den Verwaltungssitz (werkelijke zetel) zu verlegen (Polbud). Bis jetzt fehlt eine nationale Regelung für grenzüberschreitende Umwandlungen. Gleichwohl finden grenzüberschreitende Umwandlungen in den Niederlanden statt. Die Rechtsgrundlage dieser Umwandlungen beruht meistens auf (einer Kombination der) folgenden Regelungen:

(1) die nationale Umwandlungsregelung aufgrund von Art. 2:18 NL-BGB;
(2) der Vorentwurf zur grenzüberschreitenden Umwandlung, welcher Anfang 2014 veröffentlicht wurde; dieser Vorentwurf ist eine Überarbeitung des Vorschlags zur Regulierung von grenzüberschreitenden Umwandlungen auf nationalem Niveau der Gesellschaftsrechts-Kommission von 2012;
(3) die Regelung bezüglich der grenzüberschreitenden Verschmelzung (siehe näher Rdn 175 ff.).
Am 1.1.2020 trat die Mobilitätsrichtlinie in Kraft.[43] "Gesellschaft" i.S.v. Art. 86b der Mobilitätsrichtlinie ist "eine Kapitalgesellschaft mit einer in Anhang II genannten Rechtsform (in den Niederlanden: N.V. und B.V.), die eine grenzüberschreitende Umwandlung vornimmt". Abs. 2 definiert "grenzüberschreitende Umwandlung" als "einen Vorgang, durch den ...

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