Rz. 294

Steuerpflichtig für die Einkommensteuer (Inkomstenbelasting) sind natürliche Personen, die Einwohner der Niederlande sind (inländische Steuerpflichtige), und natürliche Personen, die nicht in den Niederlanden wohnen und – bestimmte – niederländische Einkünfte erzielen. Der Veranlagungszeitraum für die Einkommensteuer von natürlichen Personen entspricht dem Kalenderjahr. Wo eine natürliche Person wohnt, wird nach den Umständen beurteilt. Nach der Rechtsprechung sind dabei verschiedene Anhaltspunkte relevant: formelle Kriterien, wie die Nationalität oder die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt (bevolkingsregister), vor allem aber sonstige Umstände, wie z.B. der dauerhafte Wohnsitz der Person, der Wohnsitz des Ehegatten und etwaiger Kinder, der Arbeitsort der Person und sonstige wirtschaftliche, finanzielle und soziale Bindungsanknüpfungspunkte. Steuerinländer sind einkommensteuerpflichtig für ihr Welteinkommen, d.h. für das Einkommen aus allen inländischen und ausländischen Quellen. Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens werden drei steuerpflichtige Kategorien von Einkünften unterschieden:

Arbeit und Wohneigentum (Box 1);
wesentliche Beteiligung (Box 2);
Sparguthaben und Anlagen (Box 3).

Jede Kategorie (Box oder Kasten) wird gesondert ermittelt und besteuert.

Aufgrund dieses sog. Drei-Boxen-Systems sind Verrechnungen von Verlusten zwischen den drei verschiedenen Einkunftsarten grundsätzlich nicht zulässig.

 

Rz. 295

Einkünfte aus Arbeit und Wohneigentum (Box 1) werden mit einem progressiven Steuertarif besteuert, der sich in 2021 auf 37,10 % für die ersten 68.507 EUR und auf 49,50 % für Einkünfte über 68.507 EUR beläuft (die Steuersätze sind inklusive sozialer Abgaben). Zu den Einkünften in Box 1 zählen Einkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit, Einkünfte aus Unternehmen und die – pauschal angesetzten – Einkünfte aus einem Eigenheim. Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit wird vom Arbeitnehmer Lohnsteuer erhoben. Schuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitgeber. Ein Arbeitnehmer (Geschäftsführer), der selbst oder dessen Partner an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt ist (vgl. Rdn 296), unterliegt einer Mindestgehaltsverpflichtung. Dieses Mindestgehalt soll den höchsten der folgenden Werte betragen: (1) 75 % des Vergleichsgehalts, das höchste Gehalt, das die Gesellschaft oder ein verbundenes Unternehmen zahlt, oder (2) 46.000 EUR. Einkünfte eines Arbeitnehmers aus einer sog. lukrativen Beteiligung (Art. 3.92 NL-EStG) an einer Kapitalgesellschaft werden nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert, unterliegen jedoch der progressiven Besteuerung in Box 1. Als lukrative Beteiligung gilt jegliche Beteiligung (oder Darlehen) an einer Kapitalgesellschaft, die mit der geleisteten Arbeit zusammenhängt und die zu einer vom anderen Gesellschafter abweichenden Gewinnberechtigung führt. Eine lukrative Beteiligung liegt typischerweise vor im Fall einer Carry an einer Kapitalgesellschaft, kann aber wegen der weit gefassten Definition eine ganze Palette von sonstigen Fällen erfassen. Wenn eine lukrative Beteiligung mittelbar über eine Kapitalgesellschaft gehalten wird, wäre es u.U. möglich, die Besteuerung auf die Beteiligung auf 26,9 % zu beschränken.

 

Rz. 296

Einkünfte aus wesentlicher Beteiligung an einer N.V., B.V. oder vergleichbaren ausländischen Gesellschaft werden mit einem Steuersatz von 26,9 % (2021) besteuert. Eine wesentliche Beteiligung liegt vor bei einer Beteiligung am Kapital einer Gesellschaft mit einem ganz oder teilweise in Anteile gestückelten Kapital von mindestens 5 %. Eine geringere Beteiligung kann ebenso eine wesentliche Beteiligung darstellen, wenn bereits bestimmte Angehörige wesentlich beteiligt sind. Bei einer Gesellschaft mit mehreren Anteilsgattungen liegt eine wesentliche Beteiligung vor, wenn mindestens 5 % an einer Gattung gehalten werden. Auch liegt eine wesentliche Beteiligung vor, wenn dem Anteilseigner mindestens 5 % der Stimmrechte zustehen. Zu den Einkünften aus einer wesentlichen Beteiligung zählen u.a. Dividenden und Veräußerungserlöse. Ein Veräußerungsverlust aus einer wesentlichen Beteiligung kann innerhalb von bestimmten Zeitgrenzen mit Einkünften aus einer wesentlichen Beteiligung ausgeglichen werden. Wenn es keine wesentliche Beteiligung mehr gibt, sind 26,9 % des Verlustes auf die Einkommensteuer, die in Box 1 anfällt, zu kürzen. Einkünfte aus gewissen Geschäften mit der Gesellschaft von wesentlich Beteiligten und bestimmten Verwandten werden gemäß gesetzlicher Fiktion als Einkünfte aus Arbeit und Wohnen besteuert (Box 1) und nicht wie Einkünfte aus Anlagen (vgl. Rdn 297). Dazu gehören u.a. Zinserträge aus Darlehen an die Gesellschaft und Mieteinkünfte aus Immobilien, die wesentlich Beteiligte an die Gesellschaft vermieten.

 

Rz. 297

Einkünfte aus Sparguthaben und Anlagen (Kapitalvermögen) werden mit einem Steuersatz von 31 % (2021) versteuert. Das zu versteuernde Einkommen wird nicht auf der Grundlage der tatsächlichen ...

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