Erwin Rademakers, Diane de Vries
1. Kapitalschutz
Rz. 88
Nach Art. 2:216 Abs. 1 NL-BGB ist die Hauptversammlung befugt – es sei denn, der Gesellschaftsvertrag bestimmt etwas anderes –, den Gewinn festzustellen und zur Ausschüttung zu beschließen, soweit das Eigenkapital größer ist als die Rücklagen, die aufgrund des Gesetzes oder des Gesellschaftsvertrags gebildet werden müssen. Der Beschluss zur Ausschüttung bleibt aber wirkungslos, bis die Geschäftsführung diesen Beschluss genehmigt hat (Art. 2:216 Abs. 2 NL-BGB). Die Genehmigung darf nur von der Geschäftsführung verweigert werden, wenn sie weiß oder redlicherweise wissen kann, dass die B.V. nach der Ausschüttung ihre fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr wird zahlen können. Bei ihrem Beschluss, die Ausschüttung zu genehmigen oder zu verweigern, muss die Geschäftsführung alle relevanten Fakten berücksichtigen (z.B. Liquidität, Solvabilität und Rentabilität), die zu diesem Zeitpunkt bekannt sind, und alle vorsehbaren Entwicklungen mit einbeziehen. Dies bedeutet, dass die Geschäftsführung eine Art Ausschüttungstest (uitkeringstest) ausführen muss. Es ist nicht erforderlich, dass ein Sachverständiger (z.B. ein Wirtschaftsprüfer) die Beurteilung der Geschäftsführung überprüft. Für den Fall, dass die Geschäftsführung die Ausschüttung genehmigt und die B.V. danach ihre fälligen Verbindlichkeiten nicht weiter zahlen kann, haften alle Geschäftsführer, die dies zum Zeitpunkt der Ausschüttung wussten oder redlicherweise hätten vorhersehen können, gegenüber der B.V. gesamtschuldnerisch für das Defizit (inkl. Zinsen). Eine Haftung scheidet für denjenigen Geschäftsführer aus, der beweisen kann, dass (1) ihm nicht zuzurechnen ist, dass die Ausschüttung getätigt wurde, und (2) er nicht fahrlässig (nalatig) gehandelt hat beim Erlassen von Maßnahmen, um die Folgen der Ausschüttung abzuwenden. Die Ausschüttungsempfänger, die wussten oder redlicherweise hätten vorhersehen sollen, dass die B.V. durch die Ausschüttung ihre fälligen Verbindlichkeiten nicht weiter würde erfüllen können, haften für das Defizit (inkl. Zinsen), das durch die Ausschüttung entstanden ist, jeder höchstens bis zum Betrag der von ihm empfangenen Ausschüttung (Art. 2:216 Abs. 3 NL-BGB).
Rz. 89
Personen (z.B. Gesellschafter), die aufgrund ihrer Stellung Geschäftsführern gleichgestellt werden können, haften auch i.S.v. Art. 2:216 Abs. 3 NL-BGB (Art. 2:216 Abs. 4 NL-BGB). Der Ausschüttungstest (siehe Rdn 88) und die Sanktionsregelungen (Haftung Geschäftsführer und faktischer Geschäftsführer) gelten auch im Hinblick auf die Regelungen zum Erwerb eigener Geschäftsanteile und zur Kapitalherabsetzung (Art. 2:207 bzw. 2:208 NL-BGB).
2. Eigenkapitalersetzendes Darlehen
Rz. 90
Das niederländische Recht kennt keine eigenkapitalersetzenden Darlehen.