Hella Slegt-Moens, Arlette R. van Maas de Bie
A. Internationales Erbrecht
I. Bestimmung des Erbstatuts nach niederländischem internationalen Privatrecht (IPR)
Rz. 1
Im internationalen niederländischen Erbrecht sind drei Fragen zu unterscheiden, und zwar:
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Welches Recht beherrscht die Erbfolge? |
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Welches Recht beherrscht die letztwillige Verfügung? |
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Welches Recht ist auf die Abwicklung des Nachlasses anzuwenden? |
Diese drei Fragen werden nachfolgend getrennt beantwortet.
Rz. 2
Das niederländische internationale Erbrecht kennt fünf Rechtsquellen:
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Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU) Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (im Folgenden: EuErbVO; zeitliche Geltung ab dem 17.8.2015); |
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das Haager Erbrechtsübereinkommen bezüglich des anzuwendenden Rechts auf die Erbfolge vom 1.8.1989 (im Folgenden: Haager ErbrechtÜbk.; für Personen, die bis zum 16.8.2015 verstorben sind); |
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die Art. 10:145–152 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches (BW), d.i. das niederländische IPR-Gesetz, Buch 10 BW, in dem das Einführungsgesetz Wet Conflictenrecht Erfopvolging für Personen, verstorben vom 1.10.1996 bis zum 16.8.2015 (im Folgenden: WCErf), übernommen worden ist; |
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das autonome IPR Erbrecht (für Personen, die vor dem 1.10.1996 verstorben sind); und |
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das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961. |
Rz. 3
Mit Wirkung vom 1.4.2015 ist für die Niederlande das Haager ErbrechtÜbk. bezüglich des anzuwendenden Rechts auf die Erbfolge vom 1.8.1989 außer Kraft getreten. Der Grund dafür war, dass seit dem 17.8.2015 für die Niederlande die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EuErbVO) anzuwenden sind. Da die Bestimmungen der EuErbVO nicht im Einklang mit den Bestimmungen des Haager ErbrechtÜbk. stehen, ist zur Vorbeugung von Streitigkeiten das Haager ErbrechtÜbk. durch die Niederlande gekündigt worden.
Rz. 4
Das niederländische autonome IPR (Art. 10:5 BW) wie auch das Haager ErbrechtÜbk. geht – anders als das deutsche EGBGB, das von einer Gesamtverweisung ausgeht – in seinem Art. 17 von einer Sachnormverweisung aus und erkennt keine Rück- oder Weiterverweisung an. Allerdings ist in Art. 4 Haager ErbrechtÜbk. eine beschränkte Weiterverweisung kodifiziert, wonach in dem Fall, dass das Recht eines Nicht-Abkommenstaates einschlägig ist und die Kollisionsnormen dieses Staates im Hinblick auf den ganzen oder einen Teil des Nachlasses auf das Recht eines weiteren Nicht-Vertragsstaates verweisen, der wiederum sein eigenes Recht anwenden würde, das Recht dieses weiteren Staates anzuwenden ist.
II. Die EuErbVO und das niederländische "Ausführungsgesetz Verordnung Erbrecht"
1. Allgemeines
Rz. 5
Seit dem 17.8.2015 gilt die EuErbVO in den Niederlanden. Die Verordnung gilt für alle Mitgliedstaaten der EU und demzufolge auch für die Niederlande. Zur Vorbereitung der EuErbVO haben die Niederlande ein Ausführungsgesetz angenommen, und zwar das "Wet van 5 november 2014 tot uitvoering van de Verordening (EU) nr. 650/2012 van het Europees Parlement en de Raad van 4 juli 2012 betreffende de bevoegdheid, het toepasselijk recht, de erkenning en de tenuitvoerlegging van beslissingen en de aanvaarding en de tenuitvoerlegging van authentieke akten op het gebied van erfopvolging, alsmede betreffende de instelling van een Europese erfrechtverklaring" (PbEU 2012, L 201). Vorgenanntes Gesetz wird zitiert als "Ausführungsgesetz Verordnung Erbrecht" (Uitvoeringswet Verordening erfrecht).
Rz. 6
Das niederländische Ausführungsgesetz enthält folgende Bestimmungen: Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils (Art. 13 EuErbVO):
Gemäß Art. 13 EuErbVO sind die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, die nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht vor einem Gericht eine Erklärung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft, eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils oder eine Erklärung zur Begrenzung der Haftung der betreffenden Person für die Nachlassverbindlichkeiten abgeben kann, für die Entgegennahme solcher Erklärungen zuständig, wenn diese Erklärungen nach dem Recht dieses Mitgliedstaates vor einem Gericht abgegeben werden können. Art. 2 des niederländischen Ausführungsgesetzes Verordnung Erbrecht bestimmt, dass ein Erbe eine Erklärung gem. Art. 4:191 Abs. 1, S. 1 BW bei der Gerichtskanzlei (griffie) seines Wohnsitzes abgeben kann.
Ein gesetzlicher Vertreter ei...