Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbescheide an einen hinsichtlich der Vermögenssorge unter Pflegschaft stehenden/Betreuten können wirksam nur dem Pfleger/Betreuer bekannt gegeben werden
Leitsatz (redaktionell)
- Besteht für einen Steuerpflichtigen hinsichtlich der Vermögenssorge eine Pflegschaft nach § 1910 BGB a.F. (in der vor dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes geltenden Fassung), so müssen die Steuerbescheide dem Pfleger bekannt gegeben werden.
- Das gilt selbst dann, wenn der Steuerpflichtige trotz Pflegschaft noch voll geschäftsfähig gewesen sein sollte, da die Erledigung der steuerlichen Angelegenheit zum Aufgabenbereich des Pflegers gehört.
- Der für den Geltungsbereich des VwZG in § 7 Abs. 1 Satz 2 enthaltene Rechtsgedanke muss gleichermaßen für einfache Bekanntgaben gelten. Denn durch die Pflegschaft im Bereich der Vermögenssorge soll erreicht werden, die mangelnde Fähigkeit des unter Pflegschaft stehenden Steuerpflichtigen, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu regeln, durch Handlungen des Pflegers auszugleichen.
- Das Erfordernis der Bekanntgabe an den Pfleger gilt unabhängig davon, ob das Finanzamt bei Absendung der Bescheide von der Pflegschaft Kenntnis hatte.
Normenkette
BGB § 1910; AO § 122 Abs. 1; VwZG § 7 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das anhängige Verfahren 2 K 915/99 wegen Erlass von Einkommen- und Umsatzsteuer 1987 bis 1990 zu gewähren ist.
Der Antragsteller hatte vom 29. Mai 1987 bis zum 24. September 1993 ein Gewerbe als Bodenleger angemeldet. Dieses Gewerbe übte er jedoch nicht aus. Er war in den Streitjahren 1987 bis 1990 bei einem Malereibetrieb angestellt. Der Antragsteller befand sich durch Beschluss des Vormundschaftsgerichts seit dem 4. September 1990 hinsichtlich der Vermögenssorge unter Pflegschaft. Nach Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes zum 1. Januar 1992 bestand Betreuung hinsichtlich der Vermögenssorge. Diese Betreuung besteht bis heute.
Der Antragsgegner forderte den Antragsteller zur Abgabe von Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre auf. Nachdem der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachkam, schätzte der Antragsgegner die Besteuerungsgrundlagen und erließ entsprechende Bescheide. Die Bescheide für die Streitjahre 1987 und 1988 wurden dem Antragsteller im Jahre 1989 zugesandt, die Bescheide für die Streitjahre 1989 und 1990 im Jahre 1991. In den Jahren 1993 und 1994 gab die Betreuerin des Antragstellers Steuererklärungen für die Streitjahre ab. Der Antragsgegner lehnte jedoch eine Berücksichtigung der Steuererklärungen ab, da die Schätzungsbescheide bestandskräftig seien. Er wertete die Abgabe der Steuererklärungen allerdings als Einsprüche gegen die Schätzungsbescheide und verwarf diese Einsprüche durch Einspruchsentscheidung als unzulässig. Wegen der vom Arbeitslohn des Antragstellers einbehaltenen Lohnsteuern erließ der Antragsgegner geänderte Abrechnungen für die Einkommensteuer 1987 bis 1990. In der Folgezeit tilgte der Antragsteller Teile seiner Steuerrückstände. Wegen der derzeit noch bestehenden Rückstände des Antragstellers wird auf Bl. 50 + 51 d. Gerichtsakte verwiesen.
Im August 1994 beantragte der Antragsteller den Erlass der Einkommen- und Umsatzsteuer für die Streitjahre. Der Antragsgegner lehnte den Erlass ab.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die unter dem Aktenzeichen 2 K 915/99 anhängige Klage, über die der Senat noch nicht entschieden hat.
Der Antragsteller beantragt,
ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Entscheidungsgründe
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. In dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist das Streitverhältnis darzustellen. Soweit Vordrucke für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen (§ 117 ZPO).
Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe kommt es wesentlich darauf an, ob bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatumstände der vom Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat, eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten ist insoweit jedoch nicht erlaubt (BFH-Beschluss vom 23. Januar 1991; II S 15/90, BStBl II 1991, 366 m.w.N.).
Die Re...