Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung: Ermittlung des steuerfrei zu belassenen Anteils des Veräußerungsgewinns gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Für den aus dem Verkauf eines privaten Grundstücks zu ermittelnden Veräußerungsgewinn (§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG) sind AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen den Zeiträumen zuzurechnen, in denen sie tatsächlich in Anspruch genommen worden sind.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 69
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften.
Die Antragsteller sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Antragsteller war Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in S. Er hatte dieses Grundstück mit Vertrag vom 20.12.1996 erworben und mit Vertrag vom 05.04.2004 wieder veräußert. Im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind für das Objekt Sonderabschreibungen/Absetzungen für Abnutzung (AfA) in folgender Höhe berücksichtigt worden:
1996: |
34.862,95 € |
1997: |
19.835,26 € |
1998: |
21.617,42 € |
1999: |
3.051,39 € |
2000: |
3.051,00 € |
2001: |
3.051,00 € |
2002: |
3.052,22 € |
2003: |
3.052,00 € |
2004: |
762,00 € |
Summe Abschreibungen |
92.335,24 € |
In der Anlage zur Einkommensteuererklärung 2004 ermittelten die Antragsteller einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 91.596,80 €. Wegen der Berechnung wird auf die Anlage zu Anlage SO Zeilen 30 – 40 der Einkommensteuererklärung 2004 Bezug genommen.
Die Antragsteller waren der Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstückes in S nicht unter die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG falle, weil zum Zeitpunkt der Veräußerung die vor 1999 geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren bereits abgelaufen gewesen sei.
Der Antragsgegner legte gleichwohl den Veräußerungsgewinn i.H.v. 91.596 € der Besteuerung zugrunde. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 22.05.2006 legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2004, die der Antragsgegner zunächst gewährte. Zur Begründung des Einspruchs beriefen die Antragsteller sich auf den Ablauf der – nach altem Recht geltenden – zweijährigen Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (BStBl II 2011, 76) beantragten die Antragsteller nunmehr die Aufteilung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft nach dem tatsächlichen Wertverhältnissen gem. BMF-Erlass vom 20.12.2010 IV C 1-S 2256/07/10001: 006 (BStBl I 2001, 14). Sie ermittelten einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn i.H.v. 14.753,55 €. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 14.03.2011 Bezug genommen.
Der Antragsgegner forderte die Antragsteller daraufhin auf, den tatsächlichen höheren Wertzuwachs für den Zeitraum zwischen Anschaffung des Grundstückes und dem Zeitpunkt der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 nachzuweisen. Die Antragsteller führten hierzu aus, durch die Veräußerung des Grundstückes habe sich tatsächlich ein Verlust i.H.v. 739 € (ohne Berücksichtigung der Abschreibungen) ergeben. Steuerpflichtig sei ein fiktiver Wertzuwachs, der darauf zurückzuführen sei, dass der Gesetzgeber vorgenommene Sonderabschreibungen und Normal-Abschreibungen über die spezielle Definition des Begriffes der Anschaffungskosten rückgängig mache. Die zu dem Veräußerungsgewinn führenden Abschreibungen seien zeitlich genau zuzuordnen, so dass bestimmt werden könne, in welchen Zeiträumen die fiktive Werterhöhung entstanden sei.
Mit Einspruchsbescheid vom 25.08.2011 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 2004 von 56.354 € auf 43.238 € herab. Der Antragsgegner ermittelte die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach der Vereinfachungsregelung des BMF-Schreiben vom 20.12.2010 (a.a.O.) Ziff. II.1 i.H.v. 62.451 €.
Er teilte den Veräußerungsgewinn von 91.596 € zeitanteilig den Besitzzeiten 20.12.1996 - 30.03.1999 und 31.03.1999 (Zeitpunkt der Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002) bis 05.04.2004 auf. Die Gesamtbesitzzeit betrage aufgerundet 88 Monate. Auf den Zeitraum 31.03.1999 - 05.04.2004 entfielen 60 Monate (abgerundet). Es ergebe sich daher aus dem gesamten Wertzuwachs von 91.596 € ein zu berücksichtigender steuerpflichtiger Anteil von 60/88 = 62.451 €. Eine Zuordnung der tatsächlich in Anspruch genommenen AfA zu den jeweiligen Besitzzeiträumen sei nicht vorzunehmen.
Hiergegen haben die Antragsteller Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht erhoben (Az.: 9 K 252/11), über die noch nicht entschieden worden ist.
Nachdem ein erneut gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 07.10.2011 vom Antragsgegner abgeleh...