Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH-Auflösungsverlust nicht vor Schlussverteilung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Entstehung eines Auflösungsverlustes nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG setzt voraus, dass mit Zuteilungen und Rückzahlungen gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zu rechnen ist. Zudem muss feststehen, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende wesentliche Aufwendungen anfallen werden. Trotz Konkurseröffnung können diese Umstände noch offen sein.
- Bei Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Liquidation bestimmt sich der Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsgewinns oder Auflösungsverlustes normalerweise nach dem Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation. Ausnahmsweise kann der Zeitpunkt, in dem der Veräußerungsverlust realisiert ist, schon vor Abschluss der Liquidation liegen, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist.
Normenkette
EStG § 17
Streitjahr(e)
1991, 1992
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit in die Verlustfeststellung jeweils zum Ende der Streitjahre 1991 und 1992 ein Auflösungsverlust wegen Verlusts einer wesentlichen Beteiligung zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist der Alleinerbe seiner am 25. November 1992 verstorbenen Mutter. Diese unterhielt enge freundschaftliche Beziehungen zu einem selbstständigen Goldschmiedemeister G. Die Mutter des Klägers hatte im Jahre 1986 in unbegrenzter Höhe für einen Kontokorrentkredit des G gebürgt. Außerdem ließ sie eine Grundschuld auf ihrem Grundstück eintragen. Diese diente als Sicherheit für ein den Eheleuten G gewährtes Darlehen. Nach dem Vermögensverfall des G drohte der Mutter des Klägers eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft und ein Zugriff auf das Grundstück aufgrund der Grundschuld, insgesamt in einer Größenordnung von 200.000 DM.
Die Mutter des Klägers wandte sich an die S-Steuerberatungsgesellschaft (S), um ein Konzept zur Übernahme des Goldschmiedegeschäfts des G zu erarbeiten. Danach erwarb die Mutter des Klägers im Jahre 1988 einen GmbH-Mantel zu einem Preis von 2.500 DM und bezahlte das Stammkapital von 50.000 DM. Diese Gesellschaft wurde in „Schmuck-GmbH” umbenannt. Gesellschaftszweck wurde der Betrieb eines Goldschmiedegeschäfts. Gleichzeitig gab die Mutter des Klägers der GmbH ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 242.500 DM, mit dem die GmbH für 205.200 DM den Warenbestand und das Inventar des Goldschmiedegeschäfts von G erwarb. Mit dem Kaufpreis für Warenbestand und Inventar wurden die Verbindlichkeiten, für die die Inanspruchnahme der Mutter des Klägers drohte, getilgt. Die Mutter des Klägers nahm zur Finanzierung des Konzepts einen Kredit über 300.000 DM auf.
Im April 1989 stellte die Schmuck-GmbH Konkursantrag. Der Konkurs wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg am 11. Dezember 1989 eröffnet.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 1991 legte der Konkursverwalter dem Konkursgericht einen Schlussbericht und ein vorläufiges Schlussverzeichnis vor. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Massebestand 26.938 DM. Das vorläufige Schlussverzeichnis wies Forderungen wie folgt aus:
Rangklasse 1 mit Vorrecht anerkannt |
3.616,19 DM |
Rangklasse 2 mit Vorrecht anerkannt |
15.907,16 DM |
Rangklasse 3 mit Vorrecht anerkannt |
739,11 DM |
Bevorrechtigte Forderungen lt. Schlussbericht |
20.262,46 DM |
Rangklasse 6 (übrige Gläubiger) |
304.640,46 DM |
Gesamte Forderungen |
324.902,92 DM |
Der Konkursverwalter beantragte die Festsetzung seiner Vergütung. Mit Beschluss vom 22. Januar 1992 setzte das Konkursgericht die Vergütung auf 15.137,84 DM zzgl. 990,01 DM Umsatzsteuerausgleich fest.
Da weitere Forderungen nach dem Termin zur allgemeinen Prüfung angemeldet wurden, war ein weiterer Termin zur Prüfung der Forderungen angesetzt. Nach dieser Prüfung erstellte der Konkursverwalter am 16. März 1992 ein weiteres Schlussverzeichnis. Dieses wies bevorrechtigte Forderungen von 21.222,46 DM und übrige Forderungen von 308.663,16 DM aus, darunter 215.813,12 DM für die Mutter des Klägers. Am 22. April 1992 teilte der Konkursverwalter mit, er müsse die Forderungen erneut prüfen.
Mit Schreiben vom 24. Juli 1992 teilte der Konkursverwalter dem Konkursgericht mit, dass die zur Ausschüttung gelangende Konkursmasse noch nicht feststehe. Es sei zunächst ein Verfahren wegen Vorsteuererstattung in Höhe von 2.537 DM abzuwarten. Die Umsatzsteuererstattung wurde mit Valuta 10. November 1992 auf dem Festgeldkonto gutgeschrieben.
Am 14./15. Dezember 1992 schüttete der Konkursverwalter im Rahmen einer Schlussverteilung das zu dieser Zeit noch vorhandene Guthaben des Festgeldkontos in Höhe von 12.098,98 DM an die Gläubiger der Rangklassen 1 und 2 aus. Es verblieb ein Guthaben von 364,66 DM. Der Konkursverwalter erteilte am 21. Dezember 1992 die Schlussquittung. Im Februar 1993 prüfte das Konkursgericht das Schlussverzeichnis, die Belege und d...