Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuermessbetrag 1989
Leitsatz (redaktionell)
Abfärberegelung (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG)
Eine Freiberuflersozietät erzielt gewerbliche Einkünfte erst mit dem Beginn der Sachlichen Gewerbesteuerpflicht; die im gleichen Veranlagungszeitraum zuvor erzielten freiberuflichen Einkünfte sind nicht in die Bemessung des Gewerbeertrages einzubeziehen.
Tenor
Der Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1989 in Gestalt des Einspruchsbescheides wird geändert und der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag auf … festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin und der Beklagte je zur Hälfte zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird Vollstreckungsnachlass gegen Sicherheitsleistung gewährt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (das beklagte Finanzamt – FA –) die Einkünfte der Klägerin nach der sogenannten „Abfärberegelung” (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) insgesamt als gewerbliche Einkünfte erfassen und einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid erlassen durfte.
Die Klägerin betrieb in A und betreibt jetzt noch in B ein Steuerberatungsbüro. An der Klägerin (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) sind als Gesellschafter zu gleichen Teilen zwei Steuerberater beteiligt.
Im Streitjahr 1989 war die Klägerin für eine Bauherrengemeinschaft tätig. Die Mitwirkung der Klägerin beruhte auf der Initiative eines befreundeten Architekten, der die Sanierung eines Altbaus geplant, Sanierungsmittel der Stadt A beschafft und Interessenten für die Bauherrengemeinschaft geworben hatte. Für diesen Architekten übernahm die Klägerin ab Juli 1989 verschiedene Tätigkeiten im Interesse der Bauherrengemeinschaft.
Die einzelnen an der Bauherrensgemeinschaft beteiligten Bauherren erteilten der Klägerin unter der Bezeichnung „Steuerbüro X und Y” (im folgenden: Steuerbüro) zunächst in notariellen Urkunden Vollmachten u.a. zum Abschluss von GrundstückskaufundÜbertragungsverträgen, zur Errichtung und Durchführung der Teilungserklärung zur Bildung von Wohnungs- und Teileigentum und der übrigen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (– WEG –) erforderlichen Regelungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 7. Juli 1989 der Eheleute Z als Bauherren Bezug genommen (Bl. 5 – 10 der Gewerbesteuerakte).
Anfang Juli 1989 schloss die Klägerin, vertreten durch einen ihrer Gesellschafter, als Vertreter für die Bauherren den notariellen Kaufvertrag über das Grundstück „C-Straße” und gab sofort anschließend für die Bauherren die vorbereiteten Teilungserklärungen nebst Auflassung ab (Urkundenrollen 366 und 367/1989 des Notars W in D). Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen (Bl. 7 – 31 der Einspruchsheftung).
Anschließend schlossen die Bauherren noch im Juli 1989 gleichlautende Steuerberatungsverträge mit dem Steuerbüro ab. Dafürwurde ein Honorar in Höhe von 3,62 % des kalkulierten Gesamtbauaufwandes vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird – beispielhaft – auf den Vertrag der Eheleute Z mit der Klägerin verwiesen (Bl. 2 – 4 der Gewerbesteuerakte).
Außerdem führte das Steuerbüro bis in den Dezember 1989 für die Bauherrengemeinschaft die Bankkonten und wickelte den Zahlungsverkehr ab.
Alle Arbeiten wurden noch im Streitjahr 1989 abgeschlossen. Insgesamt nahm das Steuerbüro von den Bauherren einen Betrag in Höhe von … DM zuzüglich 14 % Umsatzsteuer, mithin insgesamt … DM ein.
Das FA erfuhr zunächst nichts von dieser Tätigkeit. Die Einkünfte der Gesellschaft aus dem Betrieb des Steuerberatungsbüros für das Streitjahr 1989 wurden vom FA als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gesondert und einheitlich festgestellt (Bl. 12/89 der Feststellungsakte).
Erst im November 1990 erlangte das FA Kenntnis von der Tätigkeit des Steuerbüros für die Bauherrengemeinschaft „C-Straße”. DasFA vertrat daraufhin die Auffassung, die Klägerin sei als Treuhänderin für die Bauherrengemeinschaft gewerblich tätig gewesen. Das FA sah nunmehr die gesamten Einkünfte der Klägerin im Streitjahr als gewerbliche Einkünfte an und erließ am 7. März 1995 einen (erstmaligen) Gewerbesteuermessbescheid. Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg (Einspruchsbescheid vom 31. Juli 1995, Bl. 12 ff. der Gerichtsakte). Dagegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin ist der Ansicht, ein Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag habe gar nicht mehr ergehen dürfen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides im Jahre 1995 sei die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, eine Gewerbesteuererklärung abzugeben. Außerdem sei für die Bauherrengemeinschaft ausschließlich der Steuerberater X tätig geworden und dies auch nur für wenige Stunden. Die notariellen Verträge habe der Notar erarbeitet, derhierfür verantwortlich gewesen sei. Nach der sogenannten Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG habe daher höchstens der Steuerberater X, nicht aber die Klägerin gewerbliche Einkünfte erzielt.
Vor al...