vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [IV R 27/11)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Meistbegünstigungsprinzip: Gewerbesteuer-Messbetrag für Zwecke der Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Mitunternehmerschaften gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist der Betrag des GewSt-Messbetrags, die tatsächlich zu zahlende GewSt und der auf die einzelnen MU entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Dieser Bescheid ist Grundlagenbescheid für die Ermittlung der Steuerermäßigung nach § 35 Abs. 1 EStG.
- Auf den Gewinn i. S. des § 5a EStG darf § 35 EStG nicht angewandt werden. Indes ist geklärt, dass sich § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG nicht auf Sondervergütungen i. S. von § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG bezieht. Der von der Tarifvergünstigung ausgenommene Betrag ist lediglich die Tonnagegewinnpauschale nach § 5a Abs. 1 EStG.
- Bei Ermittlung des GewSt-Messbetrags für Zwecke der Steuerermäßigung gemäß § 35 EStG gilt das sog. Meistbegünstigungsprinzip auch beim Zusammentreffen der Tonnagegewinnpauschale gemäß § 5a Abs. 1 EStG i.V.m. § 5a Abs. 5 S. 2 EStG und den begünstigten Sondervergütungen gemäß § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG.
Normenkette
EStG §§ 35, 5a
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Bau, der Erwerb, der Betrieb und die Veräußerung von Seeschiffen, insbesondere des MS „L” ist.
Seit 2005 wird die Klägerin gemäß § 5a EStG (sog. Tonnagebesteuerung) besteuert.
In dem Gewerbesteuer-Messbescheid 2008 vom 13. November 2009 wurde der Gewerbesteuer-Messbetrag mit 318 € ausgewiesen. Der Betrag errechnete sich wie folgt:
Gewerbeertrag aus dem Betrieb von Handelsschiffen im
internationalen Verkehr gemäß § 5a Abs. 1 EStG |
17.761 € |
Sonderbetriebseinnahmen gem. § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG |
15.895 € |
Gewerbeertrag gem. § 7 Satz 3 GewStG |
33.656 € |
Gewerbeertrag, abgerundet auf volle 100 € |
33.600 € |
Freibetrag nach § 11 Abs. 1 GewStG |
./. 24.500 € |
verbleibender Betrag |
9.100 € |
Steuermessbetrag 3,5 % |
318 € |
In der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 22. Oktober 2009 wurde der für Zwecke des § 35 EStG maßgebliche Gewerbesteuer-Messbetrag der Gesellschaft mit 150 € festgestellt. In den Erläuterungen wurde ausgeführt, dass sich der für § 35 EStG maßgebliche Anteil des Gewerbesteuer-Messbetrags im Verhältnis der Beträge 15.895 € zu 33.656 € bemesse.
Mit am 10. November 2009 eingegangenem Einspruch wandte sich die Klägerin gegen die anteilige Kürzung des für § 35 EStG maßgeblichen Gewerbesteuer-Messbetrags. Dabei setzte die Klägerin – ebenso wie der Beklagte – voraus, dass sich die Vorschrift des § 5a Abs. 5 Satz 2 EStG – in der die Unanwendbarkeit des § 35 EStG angeordnet wird – nur auf die pauschale Tonnagebesteuerung nach § 5a Abs. 1 EStG bezog und dass für die Sondervergütungen nach § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG die Tarifbegünstigung des § 35 EStG in Betracht kam. Ausgehend hiervon war die Klägerin mit der Berechnung des für die Tarifbegünstigung zur Verfügung stehenden Gewerbesteuer-Messbetrags nicht einverstanden. Während der Beklagte davon ausgegangen war, dass der Gewerbesteuer-Messbetrag der Klägerin anteilig sowohl auf den Gewerbeertragsanteilen aus der Tonnagegewinnpauschale als auch auf den Gewerbeertragsanteilen aus den Sondervergütungen beruhe, war die Klägerin der Meinung, dass der Gewerbesteuer-Messbetrag ausschließlich auf einem verbleibenden Betrag beruhe, der aus den Sondervergütungen gespeist werde. Begründet wurde diese Ansicht mit dem sog. Meistbegünstigungsprinzip, welches in der Rechtsprechung des BFH zu § 34 EStG anerkannt sei. Danach müsse der Gewerbeertragsfreibetrag in Höhe von 24.500 € zunächst von der Tonnagegewinnpauschale (hier: 17.761 €) abgezogen werden und erst nach dem Verbrauch dieses Substrats sei der restliche Freibetrag von den anzusetzenden Sondervergütungen (hier: 15.895 €) abzuziehen. Wenn so vorgegangen werde, beruhe der – unstreitige – Gewerbesteuer-Messbetrag in Höhe von 318 € nicht nur anteilig sondern vollständig auf einem Betrag, der nur aus Sondervergütungen gespeist sei, so dass die Tarifermäßigung des § 35 Abs. 1 EStG nicht nur für den anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrag sondern für den gesamten Gewerbesteuer-Messbetrag anzuwenden sei.
Der Beklagte war zunächst der Ansicht, dass der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid unzulässig sei, weil die Einwendungen gegen den Gewerbesteuer-Messbescheid vom 13. November 2009 gerichtet werden müssten. Ergänzend führte der Beklagte aus, dass der Gewerbeertrag im vorliegenden Fall sowohl aus der nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Gewinnpauschale als auch aus den hinzugerechneten Sondervergütungen bestehe. Deshalb greife die Tarifermäßigung des § 35 EStG nur insoweit ein, soweit der Gewerbeertrag nicht auf der Tonnagepauschale des § 5a Abs. 1 EStG beruhen würde (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 2007 IV R 92/05, BStBl I...