Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an Incentive-Reisen als geldwerter Vorteil
Leitsatz (redaktionell)
- Arbeitslohn ist jeder geldwerte Vorteil, der durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist. Hierunter fallen auch Zuwendungen Dritter, wenn sie im weitesten Sinn als Gegenleistung für die Arbeitsleistung anzusehen sind.
- Der Umstand, dass ein Stpfl. für eine sog. Incentive-Reise eine Begleitperson mitnehmen kann, kann als Zuwendung einer weiteren Reise zu qualifizieren sein.
- Das gilt insbesondere dann, wenn die Teilnahme der Begleitperson nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Herstellers oder des ArbG erfolgt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1994, 1997, 1998, 1999, 2000
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger für die Teilnahme an vom Automobilhersteller X Werke AG (im Folgenden: Hersteller) veranstalteten Incentive-Reisen nach §§ 19, 8 Einkommensteuergesetz (EStG) einen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn zu versteuern hat.
Der Kläger ist als Verkaufsberater bei dem Autohaus B, (im Folgenden: Arbeitgeber), angestellt und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein Bruttoverdienst betrug in den Streitjahren zwischen x TDM bis x TDM. Die Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgte für die Streitjahre endgültig.
Streitjahr |
Eingang d. Erklärung |
Datum d. letzten ESt-Bescheids |
festgesetzte Steuer |
1994 |
1995 |
17.11.1997 |
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1997 |
1998 |
12.08.1998 |
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1998 |
1999 |
02.02.2000 |
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1999 |
2001 |
23.04.2001 |
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2000 |
2002 |
22.04.2002 |
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Anlässlich einer im Jahr 2002 beim Hersteller durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung wurde dem beklagten Finanzamt erstmals bekannt, dass der Kläger in den Streitjahren mit jeweils einer Begleitperson an den nachfolgend aufgeführten Reisen teilgenommen hatte, die vom Hersteller für den Teilnehmerkreis „Verkaufsberater und Verkaufsleiter” veranstaltetet worden waren.
09.06.-12.06.1994: Griechenland
04.09.-11.09.1994: Mittelmeerkreuzfahrt
29.05.-01.06.1997: Cannes
04.06.-07.06.1998: Zypern
20.04.-28.04.1999: Mexico
31.07.-07.08.1999: Alaska
26.05.-30.05.2000: New York
Die Reisen wurden für besondere Verkaufsleistungen ausgelobt, teilnahmeberechtigt war das jeweilige Autohaus, das im Falle eines Gewinns die Reiseteilnehmer, in der Regel die besten Verkaufsberater, benannte. Eine Verpflichtung zur Teilnahme bestand für die Gewinner der Reisen nicht; so wurden Reisen auch (teilweise) storniert, wenn sich nicht genügend teilnahmeberechtigte Personen anmeldeten. Die Reisen beinhalteten nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern es wurden darüber hinaus verschiedene, täglich wechselnde und für die Teilnehmer kostenlose Veranstaltungen unterschiedlicher Art, überwiegend Ausflugs-, Sport und Abendveranstaltungen, angeboten. Nach dem Inhalt der vorliegenden Programme waren während der Reisen keine Fachveranstaltungen, wie z.B. offizielle Besprechungen, Kolloquien, Vorträge oder Diskussionen geplant.
Die Kosten der im Auftrag des Herstellers von Reiseagenturen durchgeführten Reisen, die neben den tatsächlich entstandenen Flug- und Hotelkosten ebenfalls die Aufwendungen für das Beiprogramm und andere Mehrkosten (Stornogebühren, Getränke, Reiseleitung, usw.) enthielten, wurden vom Hersteller getragen. Die teilnehmenden Verkaufsberater erhielten bei einigen Reisen außerdem zusätzlich ein Taschengeld gezahlt.
Die Prüfer einer beim Hersteller durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung waren der Ansicht, dass die Teilnahme der Verkaufsberater und der sie begleitenden Personen nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des jeweiligen Arbeitgebers oder des Herstellers gelegen habe und der Wert der Reisen daher bei den Teilnehmern als geldwerter Vorteil zu erfassen und zusammen mit dem gezahlten Taschengeld als Arbeitslohn zu versteuern sei. Sie ermittelten, soweit nicht bereits eine Lohnsversteuerung erfolgt war, anhand der Unterlagen des Herstellers die auf den Kläger und seine Begleitpersonen entfallenden Reisekosten
Das beklagte Finanzamt erfasste die von den Lohnsteueraußenprüfern ermittelten Beträge als Arbeitslohn und änderte die Einkommensteuerbescheide des Klägers nach § 173 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) wie folgt:
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Änderungsbescheid |
1994 |
2. Dezember 2002 |
1997 |
23. Dezember 2002 |
1998 |
23. Dezember 2002 |
1999 |
23. Dezember 2002 |
2000 |
23. Dezember 2002 |
Im Einspruchsverfahren wandte sich der Kläger gegen die Zurechnung des Werts der Reise als Arbeitslohn dem Grunde und der Höhe nach. Er meinte, die Reisen hätten für ihn den Charakter von Geschäftsreisen gehabt. Auch liege der für die jeweilige Reise angesetzte Wert über dem üblicherweise von Reiseveranstaltern für entsprechende Gruppenreisen am Markt angebotenen Reisepreis. Die von ihm bei einem Reisebüro angeforderte Auflistung für vergleichbare Reisen weise wesentlich niedrigere Preise aus.
Das Finanzamt wies die Einsprüche zurück und führte zur Begründung aus, dass nach dem Gesamteindruck der Reisen nicht anzunehmen sei, dass der Kläger und seine Begleitungen an den Fahrten im überwiegend betrieblichen Interesse...