Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Besuch einer Bibelschule als Berufsausbildung. Keine Befugnis von Kindergeldkasse oder Gericht zur inhaltlichen Bewertung der Ausbildung.
Tenor
Die Bescheide der Beklagten über die Aufhebung der Festsetzung des Kindergeldes für das Kind … ab … vom … und … und die Einspruchsentscheidung vom … werden aufgehoben; das Kindergeld für die Tochter … wird festgesetzt ab … mit monatlich … DM.
Die Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Besuch der … Bibelschule Berufsausbildung ist.
Die Klägerin beantragte am … bei der Beklagten die Festsetzung von Kindergeld für ihre am … geborene Tochter …, die damals bei der Arbeitsvermittlung des Arbeitsamtes … arbeitslos gemeldet war. Die Beklagte setzte das Kindergeld antragsgemäß mit Bescheid vom … mit DM monatlich fest.
Nachdem das Arbeitsamt der beklagten Familienkasse im … mitgeteilt hatte, dass … dort nicht mehr geführt wurde, hob die Beklagte mit Bescheid vom … die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind … ab … … auf. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom …. Ihre Tochter … habe am … mit einer Bibelschul-Ausbildung in … begonnen und stehe deshalb der Arbeitsvermittlung zur Zeit nicht zur Verfügung. Die Klägerin fügte eine Schulbescheinigung der Bibelschulen (B) vom bei, wonach die Klasse 1 mit Teilzeitunterricht von 20 Stunden wöchentlich besuchte und die Schulausbildung voraussichtlich im Monat … beenden werde. Aus einer weiteren Bestätigung der B vom … ergibt sich, dass die Schule eine Ergänzungsschule im Sinne des § 9 … Privatschulgesetz ist; das Landesschulamt … hat in einem Telefonat mit der Berichterstatterin vom … bestätigt, dass die B den Betrieb ihrer Privatschule als Ergänzungsschule gem. § 9 Privatschulgesetz dem Landesschulamt … angezeigt hat. Die Schule diene der Ausbildung von Pastoren, Missionaren,Diakonen etc. im freikirchlichen Rahmen. Nach der Bestätigung wird die Zeit und Arbeitskraft der Auszubildenden/Schüler z. T. von der Schule und heimischer Nacharbeit in Anspruch genommen. Die meisten Schüler gingen nachmittags einer Halbtagsbeschäftigung nach. Der Unterricht betrage mindestens 20 Stunden pro Woche. Er erfolge nach gültigen Lehrplänen und werde im Klassenverband durchgeführt. Es würden Praktika, die nicht entlohnt wurden, in Form von Evangelisationseinsätzen, Arbeit an Drogengefährdeten, Alkoholikern und sozial desintegrierten Jugendlichen usw. durchgeführt. Es erfolgten schriftliche Zwischenprüfungen, Abschlussprüfungen sowie Zeugnisvergabe mit schriftlichem Nachweis über das Bestehen. Die monatliche Schulgebühr betrage … DM.
Mit weiterem Bescheid vom … hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind ab in Höhe von monatlich … DM auf. Der Besuch der Bibelschule sei keine Berufsausbildung im Sinne des EStG.
Mit ihrem Einspruch vom … machte die Klägerin geltend, die … Bibelschule sei nach dem Privatschulgesetz als Ergänzungsschule anerkannt. Sie diene der Ausbildung im freikirchlichen Rahmen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Ausbildung an einer Bibelschule zur Pastorin etc. keine Berufsausbildung sein solle. Deshalb sei ihre Tochter gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG zu berücksichtigen.
Die Beklagte wies den Einspruch zurück. Berufsausbildung im Sinne des EStG sei der Erwerb der Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich seien, um in Zukunft einen bestimmten Beruf gegen Entgelt ausüben zu können. Der Erwerb von lediglich nützlichen, wertvollen oder erwünschten Kenntnissen und Fertigkeiten reiche dagegen für eine Anerkennung als Berufsausbildung nicht aus. Unter Würdigung der vorgelegten Lehrinhalte lt. Bestätigung der … Bibelschule liege keine Berufsausbildung vor.
Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin macht ihr bisheriges Vorbringen geltend. Die Ausbildung an den … Bibelschulen, die die Ausbildung von Pastoren, Diakonen und Missionaren im freikirchlichen Rahmen vorsehe, werde in diskriminierender Art herabgewürdigt. Es sei auch in der evangelischen und katholischen Kirche möglich, eine solche Berufsausbildung ohne theologisches Universitätsstudium zu absolvieren.Es gebe keinen plausiblen Grund dafür, die Ausbildung im freikirchlichen Rahmen nicht anzuerkennen.
Ihre Tochter werde während der dreijährigen Bibelschulzeit zur Diakonin ausgebildet, um später in freikirchlichen Einrichtungen arbeiten zu können. Mit Schreiben vom … hat die Klägerin weiter dargelegt, dass ihre Tochter während der Bibelschulsausbildung in keinem geregelten Arbeitsverhältnis stehe. Sie habe lediglich aushilfsweise im … an sieben Tagen vier Stunden im Reinigungsdienst in einem Altenheim und im … an drei Tagen fünf Stunden in einem Textilgeschäft gearbeitet. Die Nachmittage hätten die Schüler für Hausarbeiten, Vorbereit...