rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze eines Berufsbetreuers umsatzsteuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Stpfl., der sich als berufsmäßiger Betreuer unternehmerisch betätigt, erzielt steuerbare Umsätze.
- Diese steuerbaren Umsätze sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei. Denn ein Berufsbetreuer zählt nicht zu den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und zu den in der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind.
- Die Leistungen eines Berufsbetreuers sind auch nicht nach § 4 Nr. 26b UStG umsatzsteuerfrei.
Normenkette
UStG § 4 Nrn. 18, 26b
Streitjahr(e)
2005, 2006
Tatbestand
Der Kläger war als berufsmäßiger Betreuer unternehmerisch tätig.
In seinen Umsatzsteuererklärungen behandelte er die Vergütungen für Betreuungsleistungen als steuerpflichtige Umsätze. Die Steuerfestsetzungen erfolgten zunächst erklärungsgemäß. Die Feststellungen einer bei dem Kläger durchgeführten Außenprüfung sowie eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens führten zu einer Erhöhung der Umsätze des Klägers. Die Umsatzsteuer setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 12. Mai 2009 entsprechend fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage
Die Kläger ist nunmehr der Auffassung, dass die Umsätze aus seiner Tätigkeit als Berufsbetreuer umsatzsteuerbefreit seien. Dies folge aus der unmittelbaren Anwendung des Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g der MwStSystRL. Die Richtlinie sei bislang nicht in nationales Recht umgesetzt worden. Daher dürfe sich ein Einzelner direkt auf die Richtlinienbestimmung berufen. Die Eigenschaft einer „Einrichtung mit sozialem Charakter” i.S.d. Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g der MwStSystRL leite sich – anknüpfend an die Rechtsprechung des BFH, Urteil vom 22.04.2004, V R 1/98, BStBl II 2004, 849 – aus der Kostenübernahme durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit ab.
Die Kläger beantragt,
die Umsatzsteuer auf 0 € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, die Umsätze aus der Tätigkeit als Berufsbetreuer seien steuerpflichtig. Der Berufsbetreuer übe seine Tätigkeit nicht ehrenamtlich aus. Eine Steuerbefreiungsvorschrift liege nicht vor. Sie ergebe sich weder aus § 4 Nr. 18 UStG noch aus Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g i.V.m. Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie. Sie folge auch nicht aus der Entscheidung des BFH vom 17.02.2009 (XI R 67/06, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869). Danach könnten sich nur Vereinsbetreuer in Fällen der Bestellung für mittellose Personen auf die 6. EG-Richtlinie und die daraus folgende Steuerfreiheit der Umsätze berufen, nicht aber Berufsbetreuer, was sich auch aus dem BMF-Schreiben vom 21.09.2000 (BStBl I 2000, 1251) ergebe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die steuerbaren Umsätze des Klägers aus seiner Tätigkeit als Berufsbetreuer sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.
1. Die Leistungen des Klägers sind nicht nach § 4 Nr. 18 UStG umsatzsteuerfrei.
a) Gemäß § 4 Nr. 18 UStG sind die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossen sind unter den weiteren in der Regelung genannten Voraussetzungen umsatzsteuerbefreit.
b) Der Kläger zählt als Berufsbetreuer nicht zu den amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege und zu den der freien Wohlfahrtspflege dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband (vgl. § 23 der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung – UStDV –) als Mitglied angeschlossen sind. Auf andere Steuerpflichtige als die genannten ist die Vorschrift nicht anwendbar (vgl. BFH-Urteil vom 22.04.2004, V R 1/98, BStBl II 2004, 849 m.w.N.; zu § 4 Nr. 18 UStG 1980: BFH-Urteil vom 15.10.1997, II R 94/94, BFH/NV 1998, 150 m.w.N.).
2. Die Leistungen des Klägers sind auch nicht nach § 4 Nr. 26 b) UStG umsatzsteuerfrei, da der Kläger als Berufsbetreuer und nicht ehrenamtlich tätig geworden ist. Eine ehrenamtliche Tätigkeit wird vom Kläger selbst auch nicht geltend gemacht. Unabhängig davon wird eine Tätigkeit dann nicht ehrenamtlich im Sinne des § 4 Nr. 26b UStG ausgeübt, wenn es sich wie im Fall des Klägers um eine hochwertige Tätigkeit handelt, die in einem Umfang wie eine Vollbeschäftigung ausgeübt wird und die Vergütung der Höhe nach abstrakt geeignet ist, den Lebensunterhalt einer Person vollständig zu begleichen (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 24.01.2006 II 274/04, EFG 2006, 1020). Dies ist bei dem Kläger der Fall.
3. Die Betreuungsleistungen der Kläger sind ferner nicht gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG von der Umsatzsteuer befreit. Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe g der MwStSystRL ist wegen des Inkrafttretens der MwStSystRL am 1. Januar 2007 (Art. 413 MwStSystRL) in den Streitjahren nicht an...