Verfahrensgang
VG Lüneburg (Urteil vom 20.01.2003; Aktenzeichen 5 A 49/01) |
Nachgehend
Tenor
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg – Einzelrichter der 5. Kammer – vom 20. Januar 2003 zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag ist unzulässig, denn er ist nicht fristgerecht gestellt worden (1.); die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor (2.).
1. Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. Januar 2003 zugestellt. Der Antragsschriftsatz des von ihr für das Zulassungsverfahren zunächst bevollmächtigten Rechtsanwalts vom 24. Februar 2003 trägt den Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts vom 25. Februar 2003. Fristablauf war am 24. Februar, einem Montag.
Die Klägerin meint allerdings, die Frist sei gewahrt, denn der Antragsschriftsatz sei durch ihren Prozessbevollmächtigten am 24. Februar 2003 gegen 14.00 Uhr in das für das Verwaltungsgericht bestimmte Gerichtsfach beim Amtsgericht eingelegt worden.
Der Senat vermag sich unter den hier gegebenen Umständen nicht der Auffassung anzuschließen, dass bereits mit der Einlegung des Schriftsatzes in das Gerichtsfach der Zulassungsantrag fristgerecht bei dem Verwaltungsgericht i.S. des § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO gestellt worden ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Einlegung eines Rechtsbehelfs ist der Eingang bei Gericht. Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines fristwahrenden Schriftstücks ist allein entscheidend, dass es innerhalb der Frist tatsächlich in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt. Dabei kommt es weder auf das Ende der Dienstzeit noch auf die fristgerechte Entgegennahme durch den zuständigen Bediensteten der Geschäftsstelle an. Das Schriftstück muss (lediglich) rechtzeitig in den Gewahrsam des Gerichts gelangt sein. Ob und wann ein Schriftsatz in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.5.1991 – 2 BvR 215/90 –, NJW 1991, 2076; Beschl. v. 20.4.1982 – 1 BvR 944/80 –, BVerfGE 60, 243, 246). Unterhält ein Gericht bei einem anderen Gericht ein Gerichtsfach (Postaustauschfach) – wie hier das Verwaltungsgericht beim Amtsgericht –, so kommt es mithin für den fristwahrenden Eingang darauf an, ob das Gericht, an das das Schriftstück gerichtet ist, bereits mit dem Einwurf in das Austauschfach die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Schriftstück erhält. Das ist dann der Fall, wenn das Schriftstück unter Ausschluss einer fortbestehenden Zugriffsmöglichkeit des Absenders oder eines Beförderers in den Gewahrsam des Gerichts gelangt (BAG, Beschl. v. 29.4.1986 – 7 AZB 6/85 –, BAGE 52, 19). Ob dies zutrifft, hängt – so das Bundesarbeitsgericht weiter – von der Beschaffenheit des Fachs ab. Ist das Fach so beschaffen, dass es nur durch das Gericht geleert werden kann, so erlangt das Gericht mit dem Einwurf die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Schriftstück; dieses ist dann bei Gericht eingegangen.
Bei dem hier in Rede stehenden Austauschfach des Verwaltungsgerichts in der Wachtmeisterei des Amtsgerichts handelt es sich um ein verschließbares, innen 15 cm hohes und 26 cm breites Fach, welches über eine ca. 3,5 cm hohe Einwurföffnung verfügt. Das Fach wird täglich durch Bedienstete des Verwaltungsgerichts am frühen Vormittag geleert. Auch das Amtsgericht besitzt einen Schlüssel. Entsprechende Fächer unterhalten dort andere Gerichte, Behörden und Anwälte.
Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten kann von einer ausschließlichen tatsächlichen Verfügungsgewalt des Verwaltungsgerichts bereits mit Einwurf in das Fach nicht ausgegangen werden. Abgesehen davon, dass auch das Amtsgericht über einen Schlüssel verfügt, ist nach der Beschaffenheit des Fachs nicht auszuschließen, dass ein eingelegtes Schriftstück von dem Absender oder einem Dritten wieder entnommen werden kann. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich in dem Fach bereits Schriftstücke befinden und es deshalb bis zu einer gewissen Höhe gefüllt ist. Die relativ hohe Einwurfsöffnung erlaubt dann den Zugriff jedenfalls auf die im oberen Bereich des Fachs liegenden Schriftstücke. Es lässt sich deshalb nicht feststellen, dass Schriftstücke bereits mit dem Einwurf in das Fach dem Zugriff anderer als des Empfängers entzogen sind. Insofern unterscheidet sich dieses Gerichtsfach etwa von Einrichtungen wie einem in einem Gericht vorhandenen Briefkasten oder von einem Post- oder Postschließfach (vgl. BGH, Beschl. v. 19.6.1986 – VII ZB 20/85 –, NJW 1986, 2646), die typischerweise nur von Bediensteten des jeweiligen Gerichts geöffnet werden können und den Zugriff sonstiger Personen nicht erlauben.
Zudem sieht das Verwaltungsgericht – wie seiner Stellungnahme vom 13. März 2003 zu entnehmen ist – den Eingang in den e...