Entscheidungsstichwort (Thema)
Beteiligungsrechte eines anerkannten Naturschutzverbandes im eisenbahnrechtlichen Plangenehmigungsverfahren. Plangenehmigung, eisenbahnrechtliche. Naturschutzverband, anerkannter. Träger öffentlicher Belange. Beteiligungsrecht, Naturschutzvereine. Jeetzel-Brücke
Leitsatz (amtlich)
Ein anerkannter Naturschutzverband ist kein „Träger öffentlicher Belange” im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes.
Normenkette
AEG § 18 Abs. 2; BNatSchG § 29; NNatSchG § 60a
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 28. August 2000, mit der auf Antrag der Beigeladenen die Instandsetzung der Eisenbahnüberführung über die J. bei H. zugelassen wird. Aufgrund zahlreicher im Jahre 1998 festgestellter, die Standsicherheit und Verkehrssicherheit gefährdender und die Betriebssicherheit beeinträchtigender Schäden war seither nur noch ein eingeschränkter Betrieb möglich. Die Brücke, die im Jahre 1999 von der zuständigen Denkmalbehörde in das Verzeichnis der Kulturdenkmale aufgenommen worden ist, soll durch die geplante Maßnahme in der bisherigen Form beseitigt und technisch wie optisch neu gestaltet werden. Die zuständige obere Denkmalschutzbehörde hat die Erhaltung der Brücke als wirtschaftlich unzumutbar angesehen. Die Baumaßnahmen führen ferner zu Eingriffen in den Natur- und Landschaftshaushalt.
Auf Antrag der Beigeladenen vom 5. Oktober 2000 ordnete das Eisenbahn-Bundesamt mit Verfügung vom 6. Oktober 2000 die sofortige Vollziehung der Plangenehmigung an, weil ein öffentliches Interesse an der schnellen Wiederherstellung der Brücke, auch für den Güterverkehr, bestehe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die der Beigeladenen erteilten Plangenehmigung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 28. August 2000 wiederherzustellen,
und macht zur Begründung geltend, seine Beteiligungsrechte seien dadurch verletzt worden, dass das Eisenbahn-Bundesamt die Plangenehmigung erlassen habe, ohne ihn zu beteiligen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene treten dem Antrag entgegen und beantragen, ihn abzulehnen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf ihren schriftlichen Vortrag Bezug genommen. Die Plangenehmigungsunterlagen und die weiteren Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin haben dem Senat vorgelegen. Auf sie wird zur weiteren Sachdarstellung verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
A) Der auf § 80 Abs. 5 Satz 1 iVm § 80a Abs. 3 VwGO gestützte Antrag, über den der Senat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO erstinstanzlich zu entscheiden hat, ist zulässig.
Der Antragsteller ist als gemäß § 29 Abs. 2 BNatSchG in Niedersachsen anerkannter Naturschutzverband (vgl. Bekanntmachung der Anerkennung durch Runderlass des MU vom 1.10.1995, Nds.MBl. S. 1090), der durch das Vorhaben in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird, grundsätzlich antragsbefugt.
B) Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage und damit auf eine Untersagung des Baubeginns. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Plangenehmigung überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes. Den Maßstab für die Beurteilung des Antragsbegehrens bilden in erster Linie die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage. Diese müssen als so gering eingestuft werden, dass sie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht rechtfertigen.
Dem Antragsteller steht der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung der Plangenehmigung nicht zu.
Als Anspruchsgrundlage kommt entgegen seiner Ansicht § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AEG nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn „Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben”. Das Beteiligungsrecht der anerkannten Naturschutzverbände nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG zählt nicht zu den Rechten, die Schutz vor einer Beeinträchtigung oder einer Inanspruchnahme durch das zugelassene Vorhaben gewähren. Eine derartige materielle Rechtsposition würde den anerkannten Naturschutzverbänden ungeachtet der ihnen eingeräumten Beteiligungsrechte allenfalls mit der Einführung der Verbandsklage zuwachsen. Von der Einführung einer Verbandsklage hat der Gesetzgeber aber im Bundesbereich bewusst abgesehen. Der Antragsteller ist aus diesem Grunde nur gegenüber unzulässigen Beschränkungen seiner Verfahrensteilhabe wehrfähig, nicht aber gegenüber dem Vorhaben selbst (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1995 – 11 A 1.95 –, BVerwGE 98, 100; Urt. v. 14.5.1997 – 11 A 43.96 –, BVerwGE 104, 367).
Der Antragsteller konnte auch nicht verlangen, dass mit ihm nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AEG über die Erteilung einer Plangenehmigung „das Benehmen hergestellt” wurde....