Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrecht

 

Verfahrensgang

VG Hannover (Beschluss vom 29.04.2005; Aktenzeichen 3 A 2116/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover – 3. Kammer – vom 29. April 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin als örtliche Sozialhilfeträgerin hat nach §§ 3 und 4 Nds. AGBSHG Aufgaben übernommen, die ursprünglich dem Beklagten als überörtlichem Träger der Sozialhilfe oblegen hatten. Sie wendet sich mit der Klage gegen einen Bescheid des Beklagten aus dem Jahr 2004, mit dem dieser für das Jahr 2003 eine Überzahlung bei der Abrechnung der der Klägerin bei der Aufgabenwahrnehmung entstandenen Aufwendungen „festgestellt” hat. Sie hat im April 2005 Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29. April 2005 an das Sozialgericht B. verwiesen. Mit der Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Verweisung des Rechtsstreits an die Sozialgerichtsbarkeit.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Durch Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 (BGBl. I S. 3022, 3070) – im Folgenden: EinordnungsG – ist das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) mit Wirkung vom 01. Januar 2005 aufgehoben worden (Art. 70 Abs. 1 EinordnungsG). An die Stelle des BSHG sind zugleich die zum Teil deutlich abweichenden Vorschriften des Sozialgesetzbuchs 12 (Sozialhilfe) – SGB XII – (Art. 1 des EinordnungsG vom 27.12.2003 ≪BGBl. I S. 3022, 3023≫, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 9.12.2004 ≪BGBl. I S. 3305≫) und des Sozialgesetzbuchs 2 (Grundsicherung für Arbeitsuchende) – SGB II – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24.12.2003 ≪BGBl. I S. 2934≫, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 19. November 2004 ≪BGBl. I S. 2902≫) getreten. Gegen Entscheidungen der Behörden nach dem SGB II und dem SGB XII, nämlich „in Angelegenheiten der Sozialhilfe”, ist nunmehr der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (§ 51 Abs. 1 Nr. 6 a Sozialgerichtsgesetz – SGG – i. d. F. des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes ≪7. SGGÄndG≫ vom 09.12.2004 ≪BGBl. I S. 3302≫).Das 7. SGGÄndG enthält hinsichtlich der am 31. Dezember 2004 bei den Verwaltungsgerichten anhängig gewesenen Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet der Sozialhilfe eine Übergangsvorschrift nicht. Das bedeutet, dass diese Verfahren bei den Verwaltungsgerichten, soweit sie am 31. Dezember 2004 bei den Verwaltungsgerichten anhängig waren, dort anhängig bleiben (Grundsatz der „perpetuatio fori”). Später anhängig gewordene Verfahren gehören in die Zuständigkeit der Sozialgerichte. Dabei ist es unerheblich, aus welcher Zeit der geltend gemachte Anspruch stammt. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit. Da im vorliegenden Fall die Klage im April 2005 erhoben worden ist, ist die Zuständigkeit des Sozialgerichts gegeben.

Die Klägerin wendet hiergegen ohne Erfolg ein, dass ihr Begehren nicht von der Rechtswegzuweisung nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG erfasst werde, weil zum einen nicht um Sozialhilfe gestritten werde und zum anderen rechtliche Grundlage des Rechtsstreits nicht das BSHG oder das SGB XII, also die Regelungen für die Sozialhilfe, sondern Landesrecht sei.

Es trifft zwar zu, wenn die Klägerin meint, der Streit gehe hier nicht „um Sozialhilfe” in dem Sinne, dass um die Gewährung von Sozialhilfeleistungen gestritten werde. Sie beruft sich dabei aber zu Unrecht auf die Formulierung des Verwaltungsgerichts, für „Streitigkeiten um Sozialhilfe” seien die Verwaltungsgerichte nicht mehr zuständig. Aus dem Zusammenhang der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergibt sich nämlich, dass das Verwaltungsgericht diese Formulierung nicht als auf Leistungsansprüche aus dem Sozialhilferecht beschränkt, sondern allgemein verstanden wissen wollte. Das entspricht auch der Rechtslage.

§ 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG regelt die Zuständigkeit „in Angelegenheiten der Sozialhilfe”. Das ist schon dem Wortlaut nach eine weitergehende Regelung als es eine Zuständigkeitsregelung „für Streitigkeiten um Sozialhilfe” wäre, denn der Begriff „Angelegenheiten” erfasst alle Streitfragen, die sich im Zusammenhang mit der Sozialhilfegewährung ergeben können.

Der gesetzessystematische Zusammenhang der Bestimmung in der Gesamtregelung der Zuständigkeit im SGG weist nicht auf ein engeres Verständnis der Norm.

Auch die Entstehungsgeschichte des § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG stützt die Rechtsauffassung der Klägerin nicht. § 51 Abs. 1 Nr. 6 a SGG ist in das SGG aufgenommen worden aufgrund einer im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zur Einbindung des Sozialhilferechts in den Katalog der Sozialgesetzbücher als SGB XII ergangenen Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drs. 15/2260 vom 16.12.2003, S.7). Eine Begründung für diese Empfehlung ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht. Der Begriff der „Ange...

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