Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfe zum Lebensunterhalt. Unterkunft. Umzug. Mietvertrag. Miete. Rückstand. Zeitraum. Vermieter. Vollstreckung. Zinsen. Kosten. Rechtsschutz, vorläufiger. Anordnungsgrund. Unterkunftskosten für alte und neue Wohnung gleichzeitig bei zeitlich überlappenden Mietverträgen. Vollstreckungskosten als notwendige. Kosten der Unterkunft. Vollstreckungsmaßnahmen eines Gläubigers wegen rückständiger Zahlungen als Anordnungsgrund
Leitsatz (amtlich)
1. Die bis zur Beendigung des Mietverhältnisses für die bereits geräumte Wohnung – neben der für die neu bezogene Wohnung – geschuldete Miete kann als Unterkunftsbedarf anerkannt werden, wenn es notwendig gewesen ist, daß der Hilfeempfänger gerade diese neue Wohnung zu diesem Zeitpunkt gemietet und bezogen hat, und wenn er alles ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um die Aufwendungen für die frühere Wohnung so gering wie möglich zu halten (wie Urteile des Senats vom 25.06.1997 – 4 L 7075/95 – und 10.03.1999 – 4 L 4401/98 –, V.n.b.).
2. Zu den notwendigen Unterkunftskosten im Sinne des § 12 BSHG können neben den angemessenen Beträgen für Miete und Heizung auch inzwischen angefallene Zinsen und Vollstreckungskosten gehören, wenn diese Nebenkosten für den Hilfesuchenden nicht vermeidbar waren, weil der Träger der Sozialhilfe die eigentlichen Unterkunftskosten bisher nicht übernommen hat (vgl. Beschl. d. Sen. v. 01.10.1985 – 4 OVG B 81/85 –, V. n. b.).
3. Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen, ist nicht die Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptverfahrens. Eine Ausnahme ist nach der Rechtsprechung des Senats aber gerechtfertigt, wenn die Nichtleistung von Sozialhilfe in der Vergangenheit bis in die Gegenwart fortwirkt, d. h. eine gegenwärtige Notlage zur Folge hat, etwa dadurch, dass unbefriedigt gebliebene Gläubiger des Hilfesuchenden gegen ihn ein Vollstreckungsverfahren betreiben (wie Beschl. d. Sen. v. 11.2.1986 – 4 OVG B 102/85 –).
Normenkette
BSHG §§ 12, 22; RegelsatzVO § 3 I; VwGO § 123
Verfahrensgang
VG Oldenburg (Entscheidung vom 08.08.2001; Aktenzeichen 3 B 2284/01) |
Tatbestand
I.
Die Antragsteller und ihre Kinder, eine insgesamt aus neun Personen bestehende Familie, erhalten von der Antragsgegnerin laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Familie bezog im November 1999 in O. in der H. Straße 163 eine Wohnung (9 Zimmer, Küche, Bad, Gesamtwohnfläche 205 qm, Miete 1.550,– DM, Vorauszahlung für Heizung und Nebenkosten 550,– DM). Bei der Berechnung des sozialhilferechtlichen Bedarfs der Familie berücksichtigte die Antragsgegnerin in der Folgezeit die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 1.660,– DM zuzüglich 350,– DM Heizkostenvorauszahlung, insgesamt also 2.010,– DM monatlich.
Am 7. August 2000 erhielten die Antragsteller von der GSG Bau- und Wohngesellschaft ein Angebot für eine kostengünstigere Wohnung. Die Antragsteller kündigten daraufhin am 30. August 2000 die bisherige Wohnung zum 30. November 2000. Die Mietvertrag über die neue Wohnung schlossen sie am 21. September 2000 ab. Das neue Mietverhältnis begann am 1. Oktober 2000.
Die Antragsteller schulden der Vermieterin der Wohnung H. Straße 163 aus der Zeit bis einschließlich September 2000 noch Zahlungen auf Miete und Nebenkosten in Höhe von 2.168,81 DM. Offen sind ferner die Zahlungen für Miete und Nebenkosten für die Monate Oktober und November 2000. Hinsichtlich des Gesamtbetrages von 6.368,81 DM zuzüglich Zinsen und Kosten in Höhe von 1.623,62 DM (Stand: 3. Mai 2001) betreibt die frühere Vermieterin der Antragsteller gegen diese die Zwangsvollstreckung. Die Gesamtforderung von 7.992,43 DM erhöht sich seit dem 3. Mai 2001 täglich um 2,32 DM Zinsen.
Die Antragsgegnerin hat eine Übernahme der rückständigen Unterkunftskosten für die Wohnung H. Straße 163 mit Bescheid vom 12. September 2000 abgelehnt. Über den Widerspruch der Antragsteller vom 20. September 2000 ist, soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden worden.
Einen Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. August 2001 abgelehnt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die angemessenen Unterkunftskosten für die Zeit bis einschließlich September 2000 habe die Antragsgegnerin übernommen, ein Anspruch auf Übernahme weitergehender Kosten bestehe nicht. Einen Anspruch auf Übernahme der Mietkosten für die Wohnung H. Straße 163 in den Monaten Oktober und November 2000 hätten die Antragsteller nicht, da die Antragsgegnerin sozialhilferechtlich lediglich verpflichtet sei, die Kosten für die tatsächlich bewohnte Unterkunft zu übernehmen. Hinsichtlich der gesamten offenen Kosten ergebe sich auch nicht ein Anspruch der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auf Übernahme aus § 15 a Abs. 1 Satz 1 BSHG, da die Kostenübernahme nicht zur Sicherung der (derzeit bewohnten) Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei.
Mit dem Antrag auf Zulassung der Beschwerde und der Beschwerde selbst ver...