Verfahrensgang
VG Göttingen (Urteil vom 23.01.2002; Aktenzeichen 2 A 2438/99) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen – 2. Kammer – vom 23. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten wegen einer teilstationären Eingliederungshilfemaßnahme.
Der am E. 1988 in Hamburg geborene F. leidet an mit sprachlicher und mentaler Retardierung verbundener Trisomie 21 (Down-Syndrom). Seine Mutter, die von Beruf Kinderkrankenschwester ist, fühlte sich außer Stande, ihr Kind selber zu betreuen. Das Kind kam zunächst in ein Kinderheim und lebt seit dem 12. Mai 1989 in einer Pflegefamilie in Einbeck im Bereich des Beklagten. Die Klägerin gewährt dem Kind F. Jugendhilfe gemäß §§ 27, 33 SGB VIII, insbesondere durch Übernahme des den Pflegeeltern zu zahlenden Pflegegeldes. Darüber hinaus erhielt F. von dem Beklagten seit dem 10. September 1990 als geistig wesentlich Behinderter Eingliederungshilfe gemäß §§ 39 ff. BSHG, zunächst in Form ambulanter Frühförderung, ab dem 1. Juni 1993 durch die Lebenshilfe Bad Gandersheim-Seesen e.V. in Form der Betreuung in einem Sonderkindergarten, ab Februar 1995 durch Betreuung in einem Integrationskindergarten und ab dem 1. August 1996 – als nunmehr Schulpflichtiger – durch Betreuung in der Tagesbildungsstätte der Lebenshilfe. In der Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1996 fielen Kosten für die gewährte Eingliederungshilfe in Höhe von 90.760,86 DM (entspricht 46.405,18 EUR) an, die die Klägerin dem Beklagten – erstmals im Juli 1995 – erstattete. Die Beteiligten waren – zunächst noch übereinstimmend – der Auffassung, dass die Klägerin gemäß §§ 103, 104 BSHG (in der bis zum 31. Dezember 1993 gültigen Fassung; im Folgenden: BSHG a.F.) dem Beklagten kostenerstattungspflichtig sei; sie gingen nämlich davon aus, dass es sich bei den Aufwendungen für die Eingliederungshilfemaßnahme um sogenannte „Zusammenhangskosten” mit der Betreuung von F. in der Pflegefamilie im Sinne von § 103 BSHG a.F. handeln würde; die Klägerin gab entsprechende Kostenerstattungsanerkenntnisse gegenüber dem Beklagten ab.
Zwischen dem 1. Januar 1997 und dem 31. Dezember 1999 entstanden insoweit weitere Kosten in Höhe von 106.825,78 DM (entspricht 54.619,15 EUR); diese zahlte der Beklagte – ebenfalls – an die Tagungsbildungsstätte der Lebenshilfe. Mit Schreiben vom 30. Dezember 1998 stellte er der Klägerin für die Jahre 1997 und 1998 70.124,40 DM in Rechnung. Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 14. Januar 1999 daraufhin mit, dass sie für ab dem 1. Januar 1994 geleistete Eingliederungshilfe in Folge der ab diesem Zeitpunkt gültigen Neufassung der §§ 103, 104 BSHG (im Folgenden: BSHG n.F.) nicht mehr erstattungspflichtig sei; „Zusammenhangskosten” von Pflegestellen, zu denen sie auch Aufwendungen für Eingliederungshilfe in Form teilstationärer Betreuung zähle, seien nicht mehr zu erstatten, deshalb werde die für die Jahre 1994 bis 1996 an den Beklagten erstattete Eingliederungshilfe zurückgefordert. Der Beklagte erkannte daraufhin mit Schreiben vom 2. März 1999 einen Rückerstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 60.043,01 DM bezüglich der Kalenderjahre 1995 und 1996 zunächst an. Mit Schreiben vom 14. September 1996 lehnte der Beklagte dann aber jegliche Rückzahlung ab, da er nunmehr die Rechtsauffassung vertrat, nicht er, sondern die Klägerin sei für die Gewährung der Eingliederungshilfemaßnahmen an F. örtlich zuständiger Sozialhilfeträger; die Klägerin sei wegen des vom Gesetzgeber nach wie vor beabsichtigten Schutzes der Einrichtungsorte trotz des Wegfalls der Worte „oder im Zusammenhang hiermit” in § 103 Abs. 2 BSHG n.F. kostenerstattungspflichtig.
Die Klägerin hat am 16. Dezember 1999 Klage hinsichtlich der für die Jahre 1994 bis 1996 an den Beklagten erstatteten Eingliederungshilfe erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass es sich bei den F. gewährten Eingliederungshilfemaßnahmen nicht um „im Zusammenhang” mit der Jugendhilfemaßnahme stehende Sozialleistungen handele. Vielmehr seien die Eingliederungshilfemaßnahmen unabhängig von seiner Unterbringung in einer Pflegefamilie erfolgt. Aber auch dann, wenn es sich hierbei um sogenannte Zusammenhangskosten handeln würde, müssten sie vom Beklagten getragen werden, da ab dem 1. Januar 1994 die Rechtsgrundlage für eine Kostenerstattungspflicht für solche Zusammenhangskosten entfallen sei. Ein Anspruch auf Prozesszinsen folge aus der Neuregelung des § 111 BSHG, wonach seit dem 1. Januar 1994 die allgemeinen Regeln über die Geltendmachung von Prozesszinsen auch für Erstattungsansprüche der Sozialhilfeträger untereinander zur Anwendung kämen.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 90.760,86 DM nebst 4% Zinsen ab dem 16. Dezember 1...