Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 34
Durch eine Änderung des Erbgesetzes im Jahre 2008 haben Lebensgefährten unter bestimmten Voraussetzungen ein begrenztes gesetzliches Erbrecht sowie das Recht zur Übernahme von bestimmten Vermögensgegenständen erhalten.
Rz. 35
Das gesetzliche Erbrecht gilt für über 18 Jahre alte (d.h. volljährige) nichteheliche Lebensgefährten, die in einem eheähnlichen Verhältnis mit einer anderen Person zusammenleben und die die Voraussetzungen für die Eingehung einer Ehe miteinander erfüllen. Ist einer der Lebensgefährten bereits verheiratet oder lebt er mit einer anderen Person zusammen, besteht kein gesetzliches Erbrecht. "Zusammenleben" setzt voraus, dass die nichtehelichen Lebensgefährten zum Zeitpunkt des Todes des einen Partners dauerhaft im gleichen Hausstand leben. Keine formelle Voraussetzung ist eine Meldung der beiden unter einer gleichen Adresse im norwegischen Volksregister (folkeregisteret). Fehlt eine gemeinsame Registrierung im Volksregister, bedarf es jedoch Anhaltspunkte anderer Art für die Annahme, dass die Lebensgefährten zusammenleben. Ein nur vorübergehendes Getrenntleben (bspw. wegen Ausbildung, Arbeit, Krankheit oder eines Aufenthaltes in einer öffentlichen Einrichtung) ist für die Feststellung der erbrechtsbegründenden Lebenspartnerschaft (samboerskap, definiert in § 2 Abs. 3 ADL) unschädlich.
Rz. 36
§ 12 ADL regelt das Erbrecht für nichteheliche Lebensgefährten mit gemeinsamen Kindern. Danach ist Voraussetzung, dass der überlebende nichteheliche Lebensgefährte entweder ein gemeinsames Kind mit dem Erblasser hat oder hatte oder ein Kind von ihm erwartet. Ist dies der Fall, hat er einen rechtlichen Anspruch auf ein Erbe in Höhe des vierfachen Grundbetrages (grunnbeløp) der norwegischen Sozialversicherung. Der Grundbetrag wird jährlich angepasst. Er beläuft sich gegenwärtig auf umgerechnet etwa 10.500 EUR. Der Erbanspruch besteht unabhängig davon, ob der Erblasser Abkömmlinge hinterlässt. Er kann aber durch Testament gekürzt werden, was allerdings voraussetzt, dass der überlebende nichteheliche Lebensgefährte vor dem Tod des Erblassers von dem Testament Kenntnis erlangt hat (Parallelregelung zu § 17 ADL, siehe Rdn 31).
Rz. 37
Nach § 13 ADL kann der Erblasser durch ein Testament bestimmen, dass der nichteheliche Lebensgefährte, mit dem er mindestens die letzten fünf Jahre vor dem Erbfall zusammengelebt hat, ein Erbrecht bis zur Höhe des vierfachen Grundbetrages erhalten soll, ohne Rücksicht auf den Pflichtteilsanspruch der Abkömmlinge nach § 50 ADL.
Rz. 38
Weiterhin hat der überlebende nichteheliche Lebensgefährte bei Vorliegen der vorab genannten Voraussetzungen gemäß § 32 ADL das Recht, gegenüber den anderen gesetzlichen Erben des zuerst Verstorbenen folgende Vermögensgegenstände ungeteilt zu übernehmen (uskifte):
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die gemeinsame Wohnung und das Inventar, |
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ein Kraftfahrzeug sowie eine Freizeitimmobilie samt Inventar, soweit diese dem gemeinsamen Gebrauch der nichtehelichen Lebensgefährten gedient haben. |
Weitere Vermögensgegenstände können dann übernommen werden, soweit dies in einem Testament festgelegt worden ist oder die anderen Erben ihr Einverständnis dazu erteilen. Im Übrigen findet § 14 Abs. 2 ADL (siehe oben Rdn 27) entsprechende Anwendung.
Der überlebende Lebensgefährte kann mit Sonderabkömmlingen des verstorbenen Lebensgefährten nur mit deren Zustimmung in uskifte leben.