1. Allgemeines
Rz. 36
In Kapitel VII. des norwegischen Erbgesetzes ist geregelt, wie ein Testament errichtet werden soll. Es gilt der Grundsatz der Testierfreiheit.
2. Testierfähigkeit
Rz. 37
Nach § 41 Erbgesetz ist testierfähig, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Jedoch können auch Personen unter 18 Jahren Einfluss auf ihren Erbgang ausüben. In einem solchen Fall ist ein Testament durch das norwegische Justizministerium zu bestätigen.
3. Nichtigkeit testamentarischer Verfügungen
Rz. 38
Selbst wenn der Testator das 18. Lebensjahr vollendet hat, kann eine testamentarische Verfügung nichtig sein. Dies ist gemäß § 41 Abs. 2 Erbgesetz der Fall, wenn der Testator zur Zeit der Errichtung des Testaments aufgrund einer psychischen Störung, Demenz, eines Rauschzustands oder einer anderen psychischen Reduzierung der Funktion nicht die Eignung hatte, die Verfügung zu verstehen oder einzuschätzen. Ist dem Testator jedoch trotz seines Geisteszustands die Reichweite seiner Disposition bewusst, gibt es keinen Grund, diese in jedem Fall als nichtig anzusehen.
Rz. 39
Eine testamentarische Verfügung ist ebenfalls nichtig, wenn sie etwa durch Zwang oder Hinterlist hervorgerufen oder beeinflusst worden ist. Nichtigkeit ist auch gegeben, wenn der Leichtsinn, die Schwäche oder die abhängige Stellung des Testators missbraucht worden ist (§ 45 Abs. 1 Erbgesetz).
Rz. 40
Nach § 45 Abs. 2 Erbgesetz ist eine testamentarische Verfügung auch nichtig, wenn sie auf einen Gebrauch oder eine Zerstörung hinausläuft, welche ganz offenbar keinen vernünftigen Zweck erfüllt.
4. Form des Testaments
Rz. 41
Der Erblasser muss das Testament persönlich errichten und nicht etwa über eine Vollmacht. Gemäß § 42 Erbgesetz ist ein Testament grundsätzlich schriftlich zu errichten, soweit nicht die gesetzlich geregelten Ausnahmen vorliegen.
Rz. 42
Das Testament selbst muss nicht handgeschrieben sein, ein maschinengeschriebenes Testament erfüllt ebenso die Voraussetzungen. Auch spielt es keine Rolle, worauf es geschrieben wurde. Die Notwendigkeit eines schriftlichen Testaments schließt jedoch den Gebrauch etwa von Tonträgern oder Video aus.
Rz. 43
Das Testament ist von zwei Zeugen in Anwesenheit des Testators zu unterschreiben. Die Zeugen müssen wissen, dass es sich bei dem Dokument um ein Testament handelt. Der Testator hat das Testament in Anwesenheit der Zeugen zu unterschreiben. Nicht notwendig hingegen ist, dass der Testator das Testament selbst schreibt.
Rz. 44
Die Zeugen sollten durch einen Vermerk auf dem Testament darüber informieren, dass der Testator das Testament aus freiem Willen aufsetzt und dass er im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist. Weiterhin darüber, dass den Formvorschriften des § 42 Erbgesetz gefolgt worden ist. Der Vermerk auf dem Testament sollte das Geburtsdatum der Zeugen enthalten. Das Testament sollte außerdem datiert werden.
Rz. 45
Die Zeugen eines Testaments müssen mindestens 18 Jahre alt sein und dürfen weder unzurechnungsfähig oder in ihrer geistigen Entwicklung hochgradig gehemmt oder hochgradig geschwächt sein. Weiterhin müssen die Zeugen bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf ihre Eignung erfüllen.
Rz. 46
Gemäß § 44 Erbgesetz ist eine Verfügung zum Vorteil eines Zeugen des Testaments nichtig. Das Gleiche gilt für Verfügungen zum Vorteil des Ehegatten des Zeugen, zum Vorteil eines Verwandten des Zeugen in direkt auf- oder absteigender Linie oder zum Vorteil von Geschwistern. Nichtigkeit der Verfügung liegt ebenfalls vor, wenn die Verfügung zum Vorteil des Ehepartners eines nahen Verwandten oder zum Vorteil eines nahen Verwandten des Ehepartners eines Zeugen vorgenommen wurde. Die Nichtigkeit betrifft die jeweilige einzelne Verfügung/Begünstigung, somit nicht notwendigerweise das ganze Testament. Auch muss es sich um direkte Begünstigungen handeln und nicht um indirekte.
Rz. 47
Von wichtiger praktischer Bedeutung ist weiterhin die Regelung des § 44 Erbgesetz. Danach ist eine Verfügung zugunsten eines Zeugen eines Testaments nichtig, wenn dieser im Zeitraum der Verfügung in Diensten des Testators stand. Dies setzt im Regelfall ein Anstellungsverhältnis voraus. Als ein solches wird etwa auch die Tätigkeit als Mitglied eines Vorstands/Verwaltungsrats (styremedlem) oder eine vergleichbare Funktion, etwa in einem Unternehmen, in einem Verein oder einer Stiftung, angesehen. Hingegen kann ein selbstständiger Auftragnehmer (z.B. Rechtsanwalt) Zeuge eines Testaments sein, bei dem ein Mandant oder Auftraggeber des Rechtsanwalts als Erbe eingesetzt wird. Hinsichtlich der Regelungen über die Eignung des Zeugen gemäß § 44 Erbgesetz enthält die Vorschrift ein Sicherheitsventil. Danach ist die Verfügung gleichwohl wirksam, wenn die Verbindung fernliegend ist und mit Sicherheit nichts für den Inhalt der Verfügung zu sagen hat.
5. Nottestament
Rz. 48
Das norwegische Recht kennt zwei Typen von Nottestamenten: das mündliche Nottestament mit Zeugen und das schriftliche Nottestament ohne Zeugen.
a) Nottestament mit Zeugen
Rz. 49
Ist der Testator durch eine...