1.1 Wohnungseigentümer

Jeder Wohnungseigentümer ist nach § 18 Abs. 3 WEG berechtigt, Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung eines dem Gemeinschaftseigentum unmittelbar drohenden Schadens notwendig sind. Voraussetzung ist freilich, dass überhaupt ein Fall der Notgeschäftsführung vorliegt. Ein Wohnungseigentümer, der ohne ausdrückliche Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer Arbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführen lässt, ohne dass die Voraussetzungen einer berechtigten Notgeschäftsführung vorlagen, hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung durch die Gemeinschaft. Das gilt auch dann, wenn die von dem Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte vorgenommen werden müssen und der Wohnungseigentümer gar der irrigen Annahme war, zur Maßnahmendurchführung verpflichtet gewesen zu sein.[1]

Entsprechende Grundsätze gelten auch für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer etwa ein Gutachten gerichtet auf die Zustandsfeststellung des Gemeinschaftseigentums einholt.[2] Anders ist dies freilich im Fall berechtigter Notgeschäftsführung. Soweit hier Aufwendungen getätigt werden, begründet dies einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Gemeinschaft.[3]

 
Praxis-Beispiel

Beispiele anerkannter Notgeschäftsführung

  • Beauftragung eines Handwerkers zur Behebung eines akuten Dachschadens.[4]
  • Klage zur Unterbrechung eines unmittelbar drohenden Verjährungseintritts.[5]

    Dies gilt aber dann nicht, wenn die Wohnungseigentümer zuvor beschlossen hatten, gerade keine Klage erheben zu wollen.[6]

 
Wichtig

§ 9a Abs. 4 WEG gilt nicht bei Sozialverbindlichkeiten

Hat einer der Wohnungseigentümer eine Verbindlichkeit der Eigentümergemeinschaft erfüllt, die im Rahmen von Notgeschäftsführungsmaßnahmen entstanden waren, hat er zwar einen Ersatzanspruch gegen die Eigentümergemeinschaft. Daneben aber haften die übrigen Wohnungseigentümer nicht nach § 9a Abs. 4 WEG auf anteiligen Ersatz. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Befriedigung aus dem Verwaltungsvermögen zu erwarten ist oder nicht. § 9a Abs. 4 WEG ist nämlich auf sog. Sozialverbindlichkeiten nicht anwendbar.[7]

[2] LG Hamburg, Beschluss v. 16.11.2018, 318 S 44/18, ZMR 2019, 217.
[4] AG Kassel, Urteil v. 17.5.2018, 800 C 4100/17, ZWE 2018, 378.
[5] BayObLG, Beschluss v. 29.1.1975, 2Z BR 65/74, BayObLGZ 1975, 53.
[6] LG Berlin, Urteil v. 25.9.2018, 55 S 235/17, ZWE 2019, 51; AG Offenbach, Urteil v. 30.5.2016, 320 C 50/15, ZMR 2016, 741.

1.2 Nicht-Eigentümer

Im Fall des Ersterwerbs vom teilenden Eigentümer fingiert § 8 Abs. 3 WEG die Ersterwerber im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern dann als Wohnungseigentümer, wenn sie einen Anspruch auf Übertragung von Sondereigentum gegen den teilenden Eigentümer haben, der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist und ihnen der Besitz an den Räumen des Sondereigentums übergeben worden ist. Sie sind dann also zur Einleitung von Notmaßnahmen berechtigt.

Im Fall des Zweiterwerbs ist neben dem (Noch-)Eigentümer auch der noch nicht eingetragene Wohnungserwerber zur Notgeschäftsführung berechtigt. Die Zulässigkeit seines Handelns richtet sich dann nicht nach dem WEG, sondern nach den allgemeinen Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag.[1]

Auch Dritte können zur Notgeschäftsführung berechtigt sein. Beauftragt aber etwa ein Architekt ohne Ermächtigung des Verwalters zur Abgabe von Erklärungen namens der Wohnungseigentümergemeinschaft Werkunternehmer mit Erhaltungsmaßnahmen, die keine Notmaßnahmen darstellen, haftet er dem Werkunternehmer auf Werklohn. Ansprüche des Werkunternehmers gegen die Eigentümergemeinschaft wegen einer ungerechtfertigten Bereicherung bestehen in derartigen Fällen nicht.[2]

[2] AG Düsseldorf, Urteil v. 13.12.2017, 232 C 99/17, ZMR 2018, 373.

1.3 Verwalter

Nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG ist der Verwalter berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

Fristwahrung

Der Nachteil kann ein rechtlicher oder ein tatsächlicher sein. Die Wahrung einer Frist ist deshalb ausdrücklich genannt, weil es sich wohl um den praktisch häufigsten Fall handeln dürfte, in dem ein Rechtsnachteil verhindert werden soll. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG erfasst also insbesondere auch die Führung eines Prozesses für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, soweit eine Befassung der Versammlung der Wohnungseigentümer aufgrund der einzuhaltenden Fristen oder sonstiger drohender Rechtsnachteile nicht möglich ist. Hier ist insbesondere an ein Herausgabeverlangen der Verwaltungsunterlagen gegenüber dem Vorverwalter zu denken. Hier kann der Verwalter einen Rechtsanwalt mit dem Ziel der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung ...

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