Normenkette

§ 1 Abs. 6 WEG, § 10 Abs. 1 S. 2 WEG, § 15 Abs. 1 WEG, § 21 Abs. 3 WEG, § 43 Abs. 1 WEG, § 268 ZPO

 

Kommentar

1. Ist ein Teileigentum in der Teilungserklärung als ". . . die im Kellergeschoss und Erdgeschoss gelegenen Räume (Laden)" beschrieben, so liegt darin eine rechtsverbindlich vereinbarte Zweckbestimmung des Inhalts, dass die Räume grundsätzlich nur als Laden während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten genutzt werden dürfen (h. R. M.); auf die für einzelne Verkaufsstellen wie Apotheken oder Tankstellen zugelassenen Ausnahmen ( §§ 4, 6 LSchlG) kann insoweit nicht abgestellt werden, da der Geschäftsbetrieb eines Ladens ganz wesentlich mit der Vorstellung verbunden ist, dass er auf bestimmte Betriebszeiten beschränkt bleibt.

2. Sieht die Gemeinschaftsordnung jedoch weiterhin vor, dass die gewerbliche Nutzung einer Wohnung unter gewissen Voraussetzungen durch Eigentümerbeschluss genehmigt werden kann, so ist die nächstliegende Bedeutung dieser Bestimmung nach anzuwendenden objektiven Auslegungskriterien, dass sie auch auf Teileigentum anzuwenden ist (vgl. ergänzend auch § 1 Abs. 6 WEG).

3. Voraussetzung einer solchen vereinbarten Genehmigung ist ein sachlicher Grund für die Nutzungsänderung und die Gewähr, dass andere Wohnungseigentümer dadurch nicht unbillig benachteiligt werden (analog BGHZ 95, 137 und BayObLGZ 1990, 107).

Um diese Fragen zu klären, musste die Streitsache an das Landgericht zurückverwiesen werden.

4. Neuerlich zu prüfen seien hier Fragen der Duldungspflichten der anderen Eigentümer, insbesondere Zumutbarkeitsgesichtspunkte in erweiterter Auslegung der gesetzlichen Grundsatzregelung des § 14 Nr. 1 WEG. Dabei sei eine "typisierende" (d. h. verallgemeinernde) Betrachtungsweise geboten zur Frage, ob eine Videothek mehr störe oder beeinträchtige, als der Betrieb eines Ladengeschäfts innerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten; insoweit genüge die Gefahr zusätzlicher Störungen. Zu berücksichtigen seien auch bei der Beurteilung der Frage zusätzlicher Beeinträchtigungen die gegebenen örtlichen Verhältnisse, insbesondere die Lage des Wohnhauses hier zum Geschäftszentrum mit Gaststätte und allgemein bestehende Verkehrsverhältnisse. Zu prüfen sei auch, ob eine Öffnungszeit bis 22 Uhr neben den Auswirkungen eines in Nachbarschaft gelegenen Gaststättenbetriebes überhaupt noch wesentlich ins Gewicht falle. In diesem Zusammenhang müssten auch die Grundsätze von Treu und Glauben im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung Anwendung finden. Bei einem Videothekbetrieb könnten gegenüber einem normalen Ladengeschäft auch Nachteile - wie etwa starker Lieferverkehr in den Morgenstunden - Eigentümern erspart bleiben.

5. Die unselbstständige Anschlussbeschwerde ist im WE-Verfahren analog ZPO zulässig, setzt i. ü. auch keine Beschwer voraus; mit ihr kann auch ein in I. Instanz gestellter Antrag erweitert werden.

Hat das Tatsachengericht (hier: das Landgericht) eine Antragsänderung oder -erweiterung als sachdienlich zugelassen (hier: Übergang von einem Feststellungs- auf einen Leistungsantrag), so ist dies der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht entzogen (Bindung des Senats nach den §§ 523, 268 ZPO). Die Entscheidung des LG kann nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden.

6. Kostenentscheidung bleibt dem LG vorbehalten; Geschäftswertansatz DM 75.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 24.06.1993, 2Z BR 121/92)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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