Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Teileigentumseinheit mit Zweckbestimmung zur Ausübung eines "beliebigen Gewerbes oder Berufs" gestattet auch die Einrichtung einer städtischen Methadon-Abgabestelle
Normenkette
(§ 15 Abs. 1 und 3 WEG)
Kommentar
1. Bei der in einer Teilungserklärung mit festgelegter Nutzung der im Erd- und Kellergeschoss gelegenen Teileigentumseinheiten zur Ausübung eines "beliebigen Gewerbes oder Berufs" handelt es sich um eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gem. § 15 Abs. 1 WEG. Eigentümer und auch spätere Erwerber müssen sich darauf verlassen können, dass keine Nutzung zulässig ist, die mehr stört oder beeinträchtigt als die in der Teilungserklärung genannte; ob dies der Fall ist, ist nach einer typisierenden Betrachtungsweise zu beurteilen; dabei ist auch auf den Charakter der Wohnanlage und die diesen prägenden örtlichen Verhältnisse abzustellen (h.M.). In objektiver Auslegung ist bei vorliegender Vereinbarung grundsätzlich von jedem erlaubten Gewerbe und erlaubten Beruf auszugehen.
2. Mit dieser Zweckbestimmung kann auch die Vermietung eines Teileigentums (wie vorliegend) zum Zweck der Errichtung einer städtischen Methadon-Abgabenstelle vereinbar sein, wenn die nähere Umgebung des in der Innenstadt gelegenen Hauses durch das Vorhandensein vielgestaltiger Gewerbebetriebe gekennzeichnet und obendrein das Teileigentum durch einen separaten Eingang erreichbar ist. Vorliegend wurden Behandlungsverträge für die Dauer eines Vierteljahres mit einer bestimmten Maximalzahl von Drogenabhängigen geschlossen, wobei sich die Personen zwischen 10 und 11 Uhr in der Abgabenstelle einzufinden und bis 18 Uhr dort aufzuhalten haben; betreut werden sie von einem Arzt, einer Arzthelferin, einem Sozialarbeiter und einem Psychologen; aus der Behandlungsgruppe ausgeschlossen werden sie, wenn ihnen ein dauerhafter Konsum von anderen Drogen nachgewiesen werden sollte. Für die Befürchtung, dass eine solche Abgabenstelle einen besonderen Anziehungspunkt für Drogensüchtige, auch aus dem Milieu des Straßenstrichs und der Obdachlosen bilden könnte, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten; dagegen spricht auch die vorgesehene Art der Aufnahme von Behandlungsbedürftigen, d.h. keine Laufkundschaft, ihre beschränkte Anzahl, die Langfristigkeit der Behandlung und der im ganzen kontrollierte Betrieb. Auch die nähere Umgebung des Hauses ist durch das Vorhandensein vielgestaltiger Gewerbebetriebe in der Nähe des Bahnhofs gekennzeichnet. Gewisse Unannehmlichkeiten sind hier im innerstädtischen Bereich hinzunehmen (vgl. auch KG, NZM 99, 425 zu einem Drogencafé als "Ladenwohnung").
3. Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Wert des Verfahrens von 10.000 EUR.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.01.2002, 3 Wx 336/01)