Leitsatz
Der Ehemann war Eigentümer zweier Eigentumswohnungen. Eine der Wohnungen wurde als Ehewohnung genutzt. Nach seinem freiwilligen Auszug verlangte er von der in der Wohnung verbliebenen Ehefrau eine Nutzungsvergütung. Es war darüber zu entscheiden, ob der Anspruch gerechtfertigt ist, auch wenn die Voraussetzungen für eine Wohnungszuweisung nach § 1361b BGB weder vorgetragen waren noch vorlagen.
Sachverhalt
Getrennt lebende Eheleute lebten im Güterstand der Gütertrennung. Der Ehemann war Eigentümer von zwei Eigentumswohnungen, von denen eine als Ehewohnung genutzt wurde. Die Trennung der Eheleute erfolgte im September 1995. Der Ehemann zog aus der Ehewohnung aus und bezog die andere ihm gehörende Eigentumswohnung. Die Ehewohnung wurde fortan bis einschließlich Mai 1996 von der Ehefrau allein genutzt. Der Ehemann verlangte von ihr mit Schreiben vom 20.9.1995 eine Vergütung für die Nutzung der Wohnung und bot ihr an, sie ihr zu einem Mietzins von 1.500,00 DM nebst Nebenkosten i.H.v. 200,00 DM zu vermieten. Im Hinblick auf seine Renteneinkünfte i.H.v. 700,00 DM monatlich begehrte er zusätzlich Unterhalt i.H.v. 1.000,00 DM.
In einem Rechtsstreit vor dem LG Düsseldorf forderte die Ehefrau von dem Ehemann unter anderem die Rückzahlung von Darlehen. Der Ehemann rechnete mit der Forderung auf Nutzungsvergütung für die Eigentumswohnung i.H.v. 12.000,00 DM auf. Das LG hielt diese Forderung für nicht begründet und gab der Klage der Ehefrau teilweise statt. Gegen dieses Urteil legte der Ehemann Berufung ein, die später zurückgenommen wurde. Der Prozessbevollmächtigte des Ehemannes forderte die Zahlung seiner Gebühren zunächst von dem später verstorbenen Ehemann und sodann von dessen Erben. Das LG hat seiner Klage stattgegeben. Ein Rechtsmittel der Beklagten gegen das Urteil blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgten sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Entscheidung
Der BGH hat in seiner im Rahmen eines anwaltlichen Haftungsprozesses ergangenen Entscheidung festgestellt, dass § 1361b BGB a.F. über seinen Wortlaut hinaus auch auf die Fälle anwendbar ist, in denen ein Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehende Wohnung dem anderen Ehegatten freiwillig zur alleinigen Nutzung überlässt. Dies unabhängig davon, ob diese Überlassung erforderlich war, um für den anderen Ehegatten eine schwere Härte zu vermeiden.
Der BGH führte in seiner Entscheidung aus, es sei unerheblich, ob die Ehegatten zuvor eine Übereinkunft über die wesentlichen Modalitäten einer zukünftigen Alleinnutzung der Wohnung durch den anderen Ehegatten erzielt hätten. Der Entschädigungsanspruch des weichenden Ehegatten biete eine angemessene Kompensation für das die Trennung überdauernde Besitzrecht des anderen Ehegatten, das dem Herausgabeanspruch des weichenden Ehegatten aus § 985 BGB entgegenstehe.
Die Nutzungsvergütung solle keinen Eingriff in den Besitz der bisherigen Wohnung rechtfertigen, sondern den Verlust des Wohnungsbesitzes und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für den weichenden Ehegatten im Einzelfall und nach Billigkeit kompensieren.
Die Notwendigkeit einer ausdehnenden Handhabung des § 1361b Abs. 2 BGB a.F. entspreche auch der Auffassung des Gesetzgebers, der mit dem Gewaltschutzgesetz auch § 1361b BGB neu gefasst und eine Umformulierung auf das bisherige Erfordernis eine Verpflichtung des die Vergütung fordernden Ehegatten zur Überlassung der Wohnung an den anderen Ehegatten als Tatbestandsmerkmal des Vergütungsanspruchs verzichtet habe.
Es werde nunmehr lediglich auf die Nutzungsberechtigung des vergütungspflichtigen Ehegatten abgestellt.
Im Rahmen der Billigkeitsprüfung sei das Alleineigentum des weichenden Ehegatten besonders zu beachten. Es begründe für sich genommen nicht stets und zwingend einen Nutzungsvergütungsanspruch. Darüber hinaus sei zu bedenken, ob und in welcher Weise die fortdauernde Nutzung der bisherigen Ehewohnung bereits bei der Ermittlung eines etwaigen Trennungsunterhalts berücksichtigt worden sei.
Hinweis
In der anwaltlichen Praxis wird das Problem der Nutzungsvergütung häufig von der unterhaltsrechtlichen Problematik überlagert.
Danach wird die fortdauernde Nutzung der bisherigen Eigentumswohnung durch einen der Ehegatten bereits bei der Ermittlung eines etwaigen Anspruchs auf Trennungsunterhalt als einkommenserhöhender Wohnvorteil des nutzenden Ehegatten zu berücksichtigen sein. Dies ist auch vom BGH bestätigt worden.
Bei bestehender Ehe ist jeder Ehegatte - und zwar auch nach dem Auszug - zum Besitz an der Ehewohnung berechtigt, auch wenn sie im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht. Die Frage, ob dieses Besitzrecht des einen Ehegatten schon dann endet, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1361 Abs. 1 BGB für eine richterliche Zuweisung der Wohnung an den anderen Ehegatten erfüllt sind, oder dies erst mit der richterlichen Zuweisungsanordnung ge...