Leitsatz
Nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist berechtigt, Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück geltend zu machen.
Normenkette
§§ 1 Abs. 5, 10 Abs. 6 Satz 3 WEG
Das Problem
Eine Wohnungseigentümerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen eine dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit Garagen herzustellen, wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht lehnt den Antrag ab. Die Baugenehmigung verstoße mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegen Vorschriften des Bauordnungsrechts oder des Bauplanungsrechts, die auch dem Schutz der Rechte der Antragstellerin zu dienen bestimmt seien. Zwar verletze die angefochtene Baugenehmigung die nachbarschützende Bestimmung des § 6 BauO NRW. Die Antragstellerin als Sondereigentümerin könne jedoch nach der Rechtsprechung des OVG Münster v. 20.11.2013, 7 A 2341/11, lediglich die Zulassung eines Vorhabens mit Blick auf § 6 BauO NRW abwehren, die gerade auch ihr Sondereigentum betreffe. Die in Rede stehende Abstandsflächenverletzung betreffe jedoch lediglich das gemeinschaftliche Eigentum. Die Baugenehmigung verletze auch nicht subjektive Rechte der Antragstellerin aus dem Bauplanungsrecht.
Die Entscheidung
Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Die Antragstellerin verweise ohne Erfolg auf BVerwG v. 20.8.1992, 4 B 92.92. In dieser Entscheidung lasse das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die nachbarliche Abwehrklage eines Wohnungseigentümers auf den Miteigentumsanteil gestützt werden könne, ausdrücklich offen. Soweit die Antragstellerin ferner geltend mache, sie könne sich auf eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums berufen, folgt daraus nach der vorliegend allein gebotenen summarischen Prüfung keine andere Beurteilung. Der Senat könne BGH v. 5.12.2014, V ZR 5/14, NJW 2015 S. 1020, auf die sich die Antragstellerin beziehe, keine Gründe für eine Änderung seiner Rechtsprechung entnehmen.
Kommentar
Solange das Bundesverwaltungsgericht kein "Machtwort" spricht, müssen sich die Wohnungseigentümer, soweit sie sich gegen eine Baugenehmigung wehren wollen, durch die vor allem oder in gleicher Weise wie das Sondereigentum das gemeinschaftliche Eigentum betroffen ist, wohl oder übel auf einer Versammlung mit der Frage beschäftigen, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen eine Baugenehmigung vorgehen soll.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Entscheiden sich die Wohnungseigentümer dafür, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen die Baugenehmigung für ein Nachbargrundstück vorgehen soll, muss darauf geachtet werden, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insoweit handlungsfähig ist. Dies ist sie vor allem dann, wenn der Verwalter umfassend für die Durchführung eines etwaigen Widerspruchs- und eines gegebenenfalls nachfolgenden Klageverfahrens ermächtigt ist. Insoweit verweise ich auf dem Rahmen meiner Rechtsprechungsübersichten immer wieder vorgeschlagenen Muster.
Link zur Entscheidung
OVG für das Land NRW, Beschluss vom 15.07.2015, 7 B 478/15