Leitsatz
In einem Beschwerdeverfahren nach Versagung der von der Ehefrau beantragten Prozesskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren ging es um die örtliche Zuständigkeit des FamG. Die Ehefrau hatte das Scheidungsverfahren bei dem FamG Frankenthal eingeleitet, wohin sie gegen eine Verbleibensanordnung des AG Tempelhof-Kreuzberg mit den drei gemeinsamen Kindern verzogen war. Es stellte sich die Frage des örtlich zuständigen FamG für das Scheidungsverfahren.
Sachverhalt
Die Ehefrau lebte mit den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern im Alter von 7, 9 und 11 Jahren seit der Trennung der Parteien Ende 2006 in Berlin. Dort befand sich auch die frühere Ehewohnung. Das AG Tempelhof-Kreuzberg in Berlin hatte der Ehefrau mit einstweiliger Anordnung vom 13.9.2007 untersagt, den Lebensmittelpunkt der Kinder gegen den Willen des Vaters außerhalb von Berlin zu verlegen. Gleichwohl zog die Ehefrau ohne Zustimmung des Vaters am 15.7.2007 mit den drei Kindern nach Frankenthal. Aus diesem Umstand leitete sie die örtliche Zuständigkeit des dortigen Familiengerichts für das Ehescheidungsverfahren her.
Die von ihr für das Ehescheidungsverfahren begehrte Prozesskostenhilfe wurde nicht bewilligt. Die hiergegen von ihr eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Auch das OLG kam zu dem Ergebnis, Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Ehescheidungsverfahren sei zu Recht wegen der fehlenden örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts verweigert worden.
Existiere kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Ehegatten bei Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrages im Inland, so sei nach § 606 Abs. 1 S. 2 ZPO das FamG ausschließlich für das Ehescheidungsverfahren zuständig, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit den gemeinsamen minderjährigen Kindern den gewöhnlichen Aufenthalt habe.
Durch den Umzug der Ehefrau mit den Kindern - entgegen der einstweiligen Anordnung des FamG Tempelhof-Kreuzberg - und dem Aufenthalt in Frankenthal seit 5 Monaten habe die Ehefrau dort keinen gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder begründet.
Gewöhnlicher Aufenthalt i.S.d. § 606 ZPO sei der Ort des tatsächlichen Lebensmittelpunkts, der Schwerpunkt der sozialen und familiären Beziehungen (BGH FamRZ 2002, 1182; OLG Hamm, Beschl. v. 22.12.2006 - Ziff. 2 Sdb (FamS) Zust 14/06 zitiert nach Juris).
Entscheidend hierfür seien die tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die Eingliederung in neue soziale Beziehungen, der geäußerte oder auch mutmaßliche Wille des Kindes und des betreuenden Elternteils sowie die faktische Möglichkeit des anderen Elternteils, eine Rückführung des Kindes vor dessen sozialer Eingliederung gerichtlich durchzusetzen.
Ein auf Dauer angelegter Aufenthalt für mehrere Monate mit Aufnahme sozialer Kontakte und - wie im Fall der Ehefrau - einer beruflichen Tätigkeit sei in der Regel geeignet, einen neuen Aufenthalt zu begründen. Ausnahmsweise galt dies in Bezug auf die gemeinsamen Kinder der Parteien hier nicht, da das OLG es für hinreichend wahrscheinlich hielt, dass der Vater eine Rückführung der Kinder zu sich nach Berlin durchsetzen könne.
Das FamG Tempelhof-Kreuzberg habe in dem dortigen Verfahren den Auftrag für ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten zum gewöhnlichen Aufenthaltsort der Kinder erteilt. Zugleich sei die einstweilige Anordnung vom 13.9.2007 aufrechterhalten worden. Nach einer vorläufigen Stellungnahme der Sachverständigen befürwortete sie eine Rückführung der Kinder zum Vater.
Gegen die einstweilige Anordnung könne ein anderweitiger gewöhnlicher Aufenthalt der Kinder nicht ohne weiteres begründet werden, solange damit gerechnet werden müsse, dass die Kinder gegen den Willen der Mutter zum Kindesvater zurückkehren.
Hinweis
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken betrifft insoweit einen Sonderfall, als die Ehefrau gegen die einstweilige Anordnung verstoßen hatte und nach einer vorläufigen Stellungnahme im Sorgerechtsverfahren die dort beauftragte Sachverständige eine Rückführung der Kinder zum Vater befürwortete. Im Hinblick darauf war eine Rückkehr der Kinder zum Vater hinreichend wahrscheinlich.
Das FGG-Reformgesetz verzichtet insgesamt auf den Gerichtsstand des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten und stellt in erster Linie auf das Gericht ab, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit allen gemeinschaftlichen Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die in Aussicht genommene Regelung entspricht klarstellend der jetzigen Rechtslage nach § 606 Abs. 1 S. 2 ZPO.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 15.02.2008, 5 WF 196/07