Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
a) Allgemeines
Rz. 149
Das österreichische Recht sieht im Fall der Scheidung (ebenso bei Aufhebung und Nichtigerklärung der Ehe) einen Vermögensausgleich zwischen den Gatten vor, die sog. "Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse" (§§ 81 ff. EheG). Ein Aufteilungsverfahren findet nicht automatisch im Anschluss an eine Ehescheidung statt, sondern muss fristgerecht (§ 95 EheG) durch Antrag beim Außerstreitgericht geltend gemacht werden, soweit sich die Ehegatten nicht vertraglich einigen können (§ 85 EheG). Zu beachten ist, dass eine Vereinbarung über die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung ist (§ 55a Abs. 2 EheG). Da über 90 % der Scheidungen im Einvernehmen erfolgen, ist die vertragliche Aufteilung somit weit häufiger anzutreffen als die gerichtliche. In der Praxis steht die Aufteilungsvereinbarung häufig in einem engen Zusammenhang mit der im Zuge der einvernehmlichen Scheidung ebenfalls zu treffenden Unterhaltsvereinbarung zwischen den Gatten: Die Frau verzichtet bspw. auf jeglichen Unterhalt, um dafür mehr aus der Aufteilungsmasse zu erhalten.
b) Aufteilungsgegenstände
Rz. 150
Grundsätzlich sind alle Gebrauchsgüter und Ersparnisse, die sich während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und zu deren Erwerb die Ehegatten einen Beitrag geleistet haben, aufzuteilen. Auch Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, sind bei der Aufteilung in Anschlag zu bringen (§ 81 Abs. 1 EheG). Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob eine Sache zum aufzuteilenden Vermögen gehört, ist jener der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Vermögenswerte, die die Ehegatten nach diesem Zeitpunkt angesammelt haben, gehören nicht zur Aufteilungsmasse.
Rz. 151
Von der Aufteilung ausgenommen sind nach § 82 Abs. 1 Z. 1 EheG jedoch Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder die ihm ein Dritter geschenkt hat. Eine Gegenausnahme besteht nach § 82 Abs. 2 EheG jedoch für die Ehewohnung: Auch wenn sie den Tatbestand von § 82 Abs. 1 Z. 1 EheG erfüllt, ist sie in die Aufteilung einzubeziehen, wenn dies vereinbart wurde (opting-in), wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat. In diesen Spezialfällen der Einbeziehung in die Aufteilungsmasse können die Ehegatten aber im Voraus die richterlichen Anordnungsbefugnisse im Aufteilungsverfahren durch Vereinbarung erheblich einschränken (§ 87 Abs. 1 S. 2 EheG; siehe näher Rdn 215 f.).
Rz. 152
Des Weiteren unterliegen nach § 82 Abs. 1 Z. 2–4 EheG jene Sachen nicht der Aufteilung, die dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen, die zu einem Unternehmen gehören oder Anteile eines Unternehmens sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Im Zusammenhang mit Unternehmen ist jedoch weiters Folgendes zu beachten: Wurde eheliches Gebrauchsvermögen oder wurden eheliche Ersparnisse in ein Unternehmen, an dem einem oder beiden Ehegatten ein Anteil zusteht, eingebracht oder für ein solches Unternehmen sonst verwendet, so ist der Wert des Eingebrachten oder Verwendeten in die Aufteilung einzubeziehen. Bei der Aufteilung ist jedoch zu berücksichtigen, inwieweit jedem Ehegatten durch die Einbringung oder Verwendung Vorteile entstanden sind und inwieweit die eingebrachten oder verwendeten ehelichen Ersparnisse aus den Gewinnen des Unternehmens stammten. Der Bestand des Unternehmens darf durch die Aufteilung nicht gefährdet werden (§ 91 Abs. 2 EheG). Die Mitwirkung im Erwerb des anderen ist jedoch – soweit sie nicht anders abgegolten wurde (vgl. § 98 ABGB; siehe dazu Rdn 57 f.) – nur mittelbar bei der Festlegung des Aufteilungsschlüssels nach § 83 EheG zu berücksichtigen und nicht von § 91 Abs. 2 EheG erfasst.