Rz. 22

Der gesetzliche Güterstand während aufrechter Ehe ist die Gütertrennung: Jeder Ehegatte bleibt Alleineigentümer des von ihm in die Ehe eingebrachten und während der Ehe erworbenen Vermögens (§§ 1233, 1237 ABGB) und damit allein über dieses verfügungsberechtigt.[29] Jeder Gatte haftet auch allein für seine Schulden.[30] Während aufrechter Ehe ist somit sowohl eine dingliche als auch eine schuldrechtliche Teilhabe des einen Ehegatten am Vermögen des anderen, und zwar auch an jenem, das während aufrechter Ehe erworben wird, ausgeschlossen.[31]

 

Rz. 23

Nur in wenigen Bereichen wird der prinzipiell geltende Grundsatz der Gütertrennung durch außergüterrechtliche Regelungen durchbrochen: So steht etwa dem Ehegatten, der im Erwerb des anderen mitwirkt, ein Gewinnbeteiligungsanspruch zu, den er schon während aufrechter Ehe im Außerstreitverfahren geltend machen kann (§ 98 ABGB; siehe auch Rdn 56 ff.).[32] Ist ein Ehegatte über eine Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnungsbedürfnisses des anderen dient, verfügungsberechtigt, kann dieser sein Verfügungsrecht nicht unbeschränkt ausüben (§ 97 ABGB; siehe Rdn 28 ff.). Ebenfalls bestehen bei gemeinsamem Wohnungseigentum der Ehegatten Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich des jedem Ehegatten zustehenden Miteigentumsanteils (§ 13 WEG).[33]

 

Rz. 24

Insgesamt ist aber festzustellen, dass der gesetzliche Güterstand der Gütertrennung im Wesentlichen mit all seinen Konsequenzen Geltung hat, was zu einer ungleichen Entwicklung der Vermögenssituation der beiden Ehegatten führen kann, wobei i.d.R. der erwerbstätige Ehegatte gegenüber dem nicht erwerbstätigen eindeutig bevorzugt ist.[34]

 

Rz. 25

Wird die Ehe allerdings zu Lebzeiten der Gatten aufgelöst, so hat jeder Ehegatte einen Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse (§§ 81 ff. EheG), sodass für diesen Fall das österreichische Recht eine Art Zugewinnausgleich vorsieht, wenngleich es nicht automatisch zur Halbierung des Zugewinns kommt und, anders als im deutschen Recht, der Anspruch auf Naturalteilung gerichtet ist (siehe hierzu Rdn 149 ff.).

 

Rz. 26

Wird die Ehe durch Tod aufgelöst, so gibt es keinen derartigen Zugewinnausgleich; es sind allein die erbrechtlichen Bestimmungen maßgebend, die an das beim Tod des Verstorbenen vorhandene Vermögen anknüpfen (§§ 744 ff. ABGB).

 

Rz. 27

Den Ehegatten steht es aber frei, ihre vermögensrechtlichen Beziehungen untereinander vertraglich, vor allem auch durch Ehepakte, zu regeln und den gesetzlichen Güterstand zu ersetzen bzw. zu modifizieren (§ 1217 ABGB). Als Ehepakte gelten jene Verträge zwischen Ehegatten, die eine umfassende Regelung der wirtschaftlichen Seite der Ehe bezwecken und nicht nur eine Regelung einzelner vermögensrechtlicher Beziehungen.[35] Um gültig zu sein, müssen sie in Form eines Notariatsakts errichtet werden (§ 1 Abs. 1 lit. a NotaktsG); das gilt auch für Abänderung und Auflösung von Ehepakten.[36] Zu den vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich des ehelichen Vermögens siehe Rdn 62 ff.

[29] Siehe dazu im Allgemeinen: Ferrari, Die vermögensrechtliche Situation von Ehegatten und Lebensgefährten in Österreich, in: Henrich/Schwab (Hrsg.), Eheliche Gemeinschaft, Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich, S. 179.
[30] OGH 1 Ob 591/82, SZ 55/70. Siehe aber zur Haftung im Rahmen der Schlüsselgewalt § 96 ABGB.
[31] Siehe näher Ferrari in: Henrich/Schwab, Vermögen, S. 179; Hinteregger, Familienrecht, S. 80 ff.
[32] Dabei sind allerdings strenge Verjährungsregeln zu beachten (§§ 1486a, 1495 S. 2 ABGB).
[33] Wenngleich hier zu beachten ist, dass es sich bei § 13 WEG um keine spezielle Norm für Ehegatten, sondern für Eigentümerpartner im Allgemeinen handelt.
[34] Ferrari in: Henrich/Schwab, Vermögen, S. 181 f.
[35] OGH 3 Ob 211/54, EvBl 1954/188; OGH 6 Ob 296/63, EvBl 1964/219; OGH 6 Ob 590/76, SZ 49/160; OGH 1 Ob 519/80, EFSlg 36.114; OGH 7 Ob 561/95, EFSlg XXXII/3; OGH 1 Ob 144/12a, EF-Z 2013/51 (Oberhumer). Fucik in: Kletečka/Schauer, ABGB-ON, § 1217 (Stand 1.3.2019, rdb.at) Rn 7.
[36] OGH 7 Ob112/64, RZ 1965, 46.

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