Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 128
Streben die Ehegatten eine einvernehmliche Scheidung an, haben sie einen gemeinsamen Scheidungsantrag (zu den Voraussetzungen siehe Rdn 112) beim Bezirksgericht einzubringen; die örtliche Zuständigkeit richtet sich, wie bei der streitigen Scheidung, nach § 76 Abs. 1 JN (§§ 104a, 114a Abs. 1 JN); siehe dazu Rdn 115. Eine Gerichtsstandvereinbarung ist zulässig.
Rz. 129
Nach § 2 Abs. 3 AußStrG richtet sich die Prozessfähigkeit nach den Regeln des Zivilrechts. Für eine einvernehmliche Ehescheidung bedarf es ausreichender Entscheidungsfähigkeit. Da die Zustimmung zur einvernehmlichen Scheidung nach der Rechtsprechung durch jeden Ehegatten nur höchstpersönlich erfolgen kann, ist eine gesetzliche Vertretung ausgeschlossen. Bei Entscheidungsunfähigkeit eines Gatten muss daher zum Zweck der Scheidung der streitige Rechtsweg beschritten werden.
Rz. 130
Es herrscht relativer Anwaltszwang, wobei sich die Parteien aber nicht durch denselben Rechtsanwalt vertreten lassen können (§ 93 Abs. 1 AußStrG). Es ist mündlich zu verhandeln (§ 94 Abs. 1 AußStrG); in der Praxis beschränkt sich aber diese Verhandlung darauf, die Parteien zu befragen und ihre Vereinbarungen zu protokollieren. Eine unvertretene Partei, die keine Beratung über die Scheidungsfolgen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Folgen und der Voraussetzungen eines Anspruchs über die Haftung für Kredite in Anspruch genommen hat, muss vom Gericht auf entsprechende Beratungsangebote hingewiesen werden; es ist ihr Gelegenheit zu geben, die Beratung einzuholen (§ 95 Abs. 1 AußStrG).
Rz. 131
Haben die Ehegatten gemeinsame minderjährige Kinder, so müssen sie vor Abschluss der Scheidungsfolgenregelung bei Gericht bescheinigen, dass sie sich über die spezifischen aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer Kinder bei einer geeigneten Person oder Einrichtung haben beraten lassen (§ 95 Abs. 1a AußStrG). Zur Verständigung des Sozialversicherungsträgers siehe Rdn 197.
Rz. 132
Die Gerichtskosten für eine einvernehmliche Scheidung liegen grundsätzlich bei 586 EUR für beide Ehegatten gemeinsam (293 EUR für den Scheidungsantrag und 293 EUR für den notwendigen Vergleich in der Verhandlung); ggf. fallen für die Vereinbarung der Eigentumsübertragung an einer unbeweglichen Sache oder die Begründung sonstiger bücherlicher Rechte zusätzlich 439 EUR an. Abgesehen von diesem Pauschalbetrag entstehen grundsätzlich keine Kosten mehr, da aufgrund der obligatorischen Vereinbarung der Ehegatten über die Scheidungsfolgen das Einholen von Gutachten und die Befragung von Zeugen inklusive der entsprechenden Honorierung unterbleiben kann.
Rz. 133
Da bei einer einvernehmlichen Scheidung die Erörterung des Ehelebens entfällt, geht diese sehr rasch vonstatten. Nach der Protokollierung der Vereinbarungen werden die Ehegatten üblicherweise binnen 14 Tagen beim zuständigen Richter vorgeladen, welcher dann über den Scheidungsantrag mit Beschluss entscheidet (§ 96 AußStrG). Der Scheidungsbeschluss kann durch Rekurs und Revisionsrekurs bekämpft werden. Ein Rekurs ist binnen 14 Tagen ab Zustellung des schriftlichen Scheidungsbeschlusses zu erheben (§ 45 f. AußStrG). Bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft kann jeder Ehegatte den Scheidungsantrag zurücknehmen; ein schon ergangener Scheidungsbeschluss wird dann wirkungslos (§ 94 Abs. 3 AußStrG). Die materielle Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses und damit die Auflösung der Ehe tritt hingegen auch bei einem Rechtsmittelverzicht erst mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses ein (§ 43 Abs. 4 AußStrG).
Rz. 134
Ein Kostenersatz findet nicht statt, weil kein Interessenwiderstreit ausgefochten wird.
Rz. 135
Praxishinweis: Wird zunächst ein streitiges Scheidungsverfahren eingeleitet, so kann man im Rahmen eines solchen immer noch auf die einvernehmliche Scheidung "umsteigen" – eine in der Praxis sehr häufig in Anspruch genommene Möglichkeit. In diesem Fall ist der gemeinsame Scheidungsantrag beim Prozessgericht einzubringen, das streitige Verfahren wird dann unterbrochen. Wird dem Scheidungsantrag stattgegeben, gilt die Klage mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses als zurückgenommen und die Prozesskosten sind gegeneinander aufzuheben (§ 460 Z. 10 ZPO). Zu beachten ist, dass sich die für den Scheidungsprozess bewilligte Verfahrenshilfe nicht auf das Verfahren zur Scheidung im Einvernehmen erstreckt.