Mag. Johanna Haunschmidt, Dr. Franz Haunschmidt
Rz. 146
In allen übrigen Fällen findet ein einheitliches Verfahren statt, durch das die Erben in den Besitz des Verlassenschaftsvermögens gelangen.
a) Parteien
Rz. 147
Parteien des Verlassenschaftsverfahrens sind die nach der Aktenlage mutmaßlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten. Werden Erben oder Pflichtteilsberechtigte vom Verlassenschaftsverfahren nicht verständigt, obwohl sie dem Gericht nach der Aktenlage bekannt sein mussten, haftet die Republik Österreich für den entstandenen Schaden.
b) Erbantrittserklärung
Rz. 148
Erste Voraussetzung für den Erbschaftserwerb ist die Abgabe der Erbantrittserklärung. Mit der Erbantrittserklärung erklärt der Erbberechtigte ausdrücklich, die Erbschaft anzutreten (§ 159 AußStrG). Die Erbantrittserklärung ist vom Erbansprecher oder seinem ausgewiesenen Vertreter eigenhändig zu unterschreiben. In der Erbantrittserklärung ist der jeweilige Erbrechtstitel (Gesetz, Testament, Erbvertrag) anzuführen, auf den sich der Erbe stützt, sowie, ob die Erbschaft "bedingt" oder "unbedingt" angetreten wird. Die Anführung der Erbquote gehört nicht zum notwendigen Inhalt einer Erbantrittserklärung (§ 159 Abs. 2 AußStrG), ist aber zweckmäßig, um allfällige Widersprüche in den Erbantrittserklärungen sofort und eindeutig zu erkennen. Das Gericht hat das Erbrecht der Berechtigten festzustellen und die übrigen Erbantrittserklärungen abzuweisen (§ 161 AußStrG). Eine Zurückweisung der Erbantrittserklärung kommt nur dann in Betracht, wenn von vornherein zweifelsfrei feststeht, dass ein Erbrecht des Bewerbers nicht besteht und die Erbantrittserklärung unter keinen Umständen zu einer Einantwortung führen kann.
Rz. 149
Dem Erben ist vom Gerichtskommissär eine (mindestens vierwöchige, maximal einjährige) Frist zur Abgabe der Erbantrittserklärung zu setzen (§ 157 AußStrG). Einem Erben, der trotz Aufforderung i.S.d. § 157 AußStrG keine Erbantrittserklärung abgegeben hat, kommt im weiteren Verlassenschaftsverfahren keine Parteistellung mehr zu. Er ist von jeder Einflussnahme auf den weiteren Verlauf der Verlassenschaftsabhandlung ausgeschlossen, verliert aber nicht sein Erbrecht. Die Erbantrittserklärung kann bis zum Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens in erster Instanz nachgeholt werden. Danach kann das Erbrecht mit der Erbschaftsklage geltend gemacht werden (§ 164 AußStrG).
Rz. 150
Die Erbantrittserklärung kann nicht widerrufen werden.
Rz. 151
Unbedingte Erbantrittserklärung bedeutet unbeschränkte Haftung des Erben für Schulden des Verstorbenen nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens. Der Erbe ist für die Verbindlichkeiten des Verstorbenen persönlich, d.h. mit seinem ganzen Vermögen, ohne jede Beschränkung, verantwortlich. Mehrere Erben haften solidarisch für Schulden des Verstorbenen. Der in Anspruch genommene Erbe hat aber im Innenverhältnis ein Rückgriffsrecht gegenüber den Miterben. Für die Abgabe einer unbedingten Erbantrittserklärung im Vollmachtsnamen bedarf es einer Spezialvollmacht des Vertreters (§ 1008 ABGB).
Rz. 152
Bedingte Erbantrittserklärung bedeutet beschränkte Haftung des Erben für Schulden des Verstorbenen. Bei Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung haftet der Erbe nach Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens zwar persönlich für Schulden des Verstorbenen, d.h. mit seinem ganzen Vermögen, jedoch der Höhe nach nur bis zum Wert der ihm zugefallenen Erbschaft. Mehrere Erben haften nur anteilsmäßig nach ihrer Erbquote für Schulden des Verstorbenen. Bei Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung ist (zur Feststellung des konkreten Haftungsumfangs des Erben) durch den Gerichtskommissär ein Inventar, ein Verzeichnis über die aktiven und passiven Vermögenswerte der Verlassenschaft, zu errichten (§ 165 Abs. 1 AußStrG) und es sind die Verlassenschaftsgläubiger einzuberufen (§ 165 Abs. 2 AußStrG). Die Errichtung eines Inventars ist zumeist aufwändig und teuer. Zur Errichtung eines Inventars ist es nämlich i.d.R. erforderlich, dass sämtliche Verlassenschaftsgegenstände durch einen Sachverständigen geschätzt werden; die Gläubigereinberufung ist im Internet in der Ediktsdatei der Gerichte (www.ediktsdatei.justiz.gv.at) zu veröffentlichen.
Rz. 153
Ist man sich über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen im Klaren, ist die unbedingte Erbantrittserklärung aus Kostengründen und Gründen der Verfahrensvereinfachung der bedingten Erbantrittserklärung vorzuziehen. In der Praxis überwiegt daher die unbedingte Erbantrittserklärung.
Rz. 154
Unter Erbausschlagung versteht man die nach dem Tod des Verstorbenen gegenüber dem Verlassenschaftsgericht abgegebene Erklärung, eine Erbschaft nicht anzutreten, sondern auf sie zu verzichten (negative Erbantrittserklärung).
Rz. 155
Bei der qualifizierten Erbausschlagung wird eine bestimmte Person genannt, zu deren Gunsten auf das Erbrecht verzichtet wird und die bei Wegfall des Verzichtenden nicht ohnehin Erbe wäre. Je nachdem, ob für den Verzicht vom Begünstigten eine Abfindung geleistet wird oder nicht, i...