I. Überblick über das Gründungsverfahren
1. Praktischer Leitfaden
Rz. 17
Die Gründung der GmbH beginnt mit der Erstellung des Textes des Gesellschaftsvertrags. Der Vertragstext wird meist von einem Notar oder Rechtsanwalt entworfen, er kann aber auch von den Parteien selbst stammen. Der Notar oder Rechtsanwalt prüft bereits vor Unterfertigung die Zulässigkeit des gewünschten Firmawortlautes, da dieser von den Firmenbuchgerichten sehr streng geprüft wird (siehe Rdn 37 ff.). In Zweifelsfällen wird bereits vor Unterfertigung ein Gutachten der zuständigen Wirtschaftskammer über den Firmawortlaut eingeholt (siehe Rdn 42). Die Einholung eines derartigen Gutachtens dauert ca. 14 Tage. Meist ist kein Gutachten erforderlich und die Dauer zur Erstellung des Vertragstextes beträgt ca. 1 bis 2 Tage. Die Gesamtdauer der Gesellschaftsgründung beträgt meist ca. 5 bis 7 Tage.
Rz. 18
Die Unterfertigung des Gesellschaftsvertrags hat vor einem österreichischen Notar zu erfolgen (siehe Rdn 55). Die Gerichte anerkennen in jüngster Zeit gelegentlich auch im Ausland errichtete Gesellschaftsverträge, sofern sie den österreichischen Formvorschriften entsprechen. Dies betrifft vor allem die Gleichwertigkeit der Urkundsperson und des Beurkundungsvorganges. So wurde die Beurkundung durch einen deutschen Notar gelegentlich als zulässig erachtet. Von diesem Fall abgesehen, kann die Gründung vom Ausland aus erfolgen, wenn die Gründer einen Bevollmächtigten nach Österreich senden. Der Bevollmächtigte benötigt eine schriftliche Spezialvollmacht, die Unterschrift des Gründers muss beglaubigt sein (siehe Rdn 58).
Seit 1.1.2021 besteht die Möglichkeit, bei Einhaltung bestimmter gesetzlicher Anforderungen (siehe dazu § 69b NO) die Errichtung eines Notariatsaktes "online" durchzuführen, womit die Gründung der GmbH aus dem Ausland wesentlich vereinfacht wird.
Rz. 19
Zur Einreichung beim Firmenbuch sind neben dem Gesellschaftsvertrag noch folgende Urkunden erforderlich, welche ebenfalls vom Notar oder Rechtsanwalt erstellt werden und von den Geschäftsführern (Gesellschafterbeschluss: von den Gesellschaftern) zu unterfertigen sind (siehe Rdn 111):
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Firmenbuchgesuch; |
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Erklärung der Geschäftsführer, dass die Bareinlagen mit dem aus der Liste ersichtlichen Betrag bar einbezahlt sind und dass sich die einbezahlten Beträge sowie die Sacheinlagen in der freien Verfügung der Geschäftsführer befinden. Diese Erklärung wird meist in das Firmenbuchgesuch aufgenommen; |
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Musterzeichnungserklärungen; |
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Gesellschafterbeschluss über die Bestellung des Geschäftsführers; |
Rz. 20
Weiters haben die Gründer das Stammkapital mit dem im Gesellschaftsvertrag genannten Betrag (i.d.R. zumindest zur Hälfte) auf ein Bankkonto der Gesellschaft einzuzahlen. Dies muss die Bank mittels Bankbestätigung bestätigen.
Rz. 21
Liegt auch die Bankbestätigung über die Einzahlung des Mindeststammkapitals vor, werden alle genannten Urkunden elektronisch beim zuständigen Firmenbuchgericht (siehe Rdn 101) eingereicht. Die Bearbeitungsdauer beim Gericht beträgt üblicherweise 5 bis 7 Tage. Bei großer Dringlichkeit kann der zuständige Rechtspfleger oder Richter unter Bekanntgabe der Gründe um eine bevorzugte Erledigung ersucht werden. Dies kann die Erledigungsdauer auf wenige Tage reduzieren. Erst mit der Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch entsteht die GmbH (§ 2 Abs. 1 GmbHG).
2. Mantel- oder Vorratsgründung
Rz. 22
Eine Mantel- oder Vorratsgründung liegt vor, wenn die GmbH nicht mit dem Ziel gegründet wird, den gesellschaftsvertraglich festgelegten Unternehmensgegenstand in nächster Zeit tatsächlich zu verfolgen. Dies wird in Österreich für zulässig erachtet.
3. Vorgesellschaft
Rz. 23
Mit der Unterfertigung des Gesellschaftsvertrags entsteht die Vorgesellschaft, welche mit Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch endet. Diese wird als Rechtsgemeinschaft eigener Art qualifiziert, auf die das GmbH-Recht anzuwenden ist, soweit es nicht die Eintragung voraussetzt. Die Vorgesellschaft ist nur in Teilbereichen rechtsfähig: Sie kann (und muss) ein Bankkonto eröffnen, besitzt Parteifähigkeit und ist zur Buchführung verpflichtet. Für Rechtsgeschäfte, welche im Namen der Vorgesellschaft abgeschlossen werden, haften die Handelnden im Außenverhältnis persönlich als Gesamtschuldner (Handelndenhaftung, siehe Rdn 71). Vertreten wird die Vorgesellschaft durch die Geschäftsführer. Der genaue Umfang ihrer Vertretungsmacht ist umstritten. Bei Bargründung dürfen die Geschäftsführer im Innenverhältnis nur die gründungsnotwendigen Handlungen vornehmen. Bei Sachgründungen, insbesondere bei der Einbringung von Unternehmen als Sacheinlage, ist die Zustimmung der Gesellschafter zum Fortbetrieb des eingebrachten Unternehmens anzunehmen, um den wirtschaftlichen Wert des Unternehmens zu erhalten.
II. Gesellschafter
Rz. 24
Gesellschafter einer GmbH können inländische und ausländische, natürliche und juristische Personen sein. In Betracht kommen z.B. auch Privatstiftungen, Vereine und Personengesellschaften. Ausgeschlossen sind z.B. Gesell...