Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 174
Wird eine Ehe nicht aus Verschulden, sondern "aus anderen Gründen" geschieden, und enthält das Scheidungsurteil keinen Schuldausspruch, also etwa bei Scheidung wegen Auflösung der häuslichen Gemeinschaft (§ 55 EheG), so hat der Ehegatte, der die Scheidung verlangt, dem anderen Unterhalt zu gewähren, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 69 Abs. 3 EheG). Der Billigkeitsunterhalt kann nur dem Beklagten, nicht jedoch dem Kläger zustehen. Der Höhe nach kann dieser Unterhalt vom "notdürftigen" bis zum "angemessenen" Unterhalt reichen; der angemessene Unterhalt i.S.v. § 66 EheG bildete nach der st. Rechtsprechung der Landesgerichte aber die absolute Obergrenze. Nach neuerer Rechtsprechung des OGH ist der Billigkeitsunterhalt nach § 69 Abs. 3 EheG aber jedenfalls mit dem Ausgleichszulagenrichtsatz (zu dessen Höhe siehe Fn 266) nach § 293 ASVG begrenzt. Der Unterhaltsanspruch gegenüber einem neuen Ehegatten ist gleichrangig; er fließt somit in die Billigkeitsbeurteilung mit ein.
Rz. 175
Die Verwandten des Berechtigten haften hier merkwürdigerweise vor dem verpflichteten Ehegatten. Würde durch die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung der eigene angemessene Unterhalt des verpflichteten Ehegatten gefährdet, muss der Berechtigte seinen Unterhalt aus dem Stamm seines Vermögens bestreiten (§ 69 Abs. 3 i.V.m. § 67 Abs. 2 EheG).
Rz. 176
Ist die im Zuge einer einvernehmlichen Scheidung getroffene Unterhaltsvereinbarung unwirksam, kann der Berechtigte ebenfalls einen Billigkeitsunterhalt geltend machen (§ 69a Abs. 2 EheG).