1. Gesetzlich obligatorischer Aufsichtsrat
Rz. 189
Das Gesetz schreibt für die GmbH in folgenden Fällen obligatorisch einen Aufsichtsrat vor (§ 29 GmbHG):
▪ |
Das Stammkapital der Gesellschaft übersteigt 70.000 EUR und die Zahl der Gesellschafter übersteigt fünfzig, oder |
▪ |
die Gesellschaft beschäftigt im Jahresdurchschnitt mehr als 300 Arbeitnehmer. Der jeweilige Durchschnitt der Arbeitnehmerzahl bestimmt sich nach den Arbeitnehmerzahlen an den jeweiligen Monatsletzten des vorangegangenen Kalenderjahres (§ 29 Abs. 3 GmbHG). |
Rz. 190
Im Konzernbereich gibt es folgende Ausnahmen:
Konzernuntergesellschaft: Wenn die Gesellschaft unter einheitlicher Leitung einer aufsichtsratspflichtigen Kapitalgesellschaft steht oder von einer solchen aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 50 % beherrscht wird, besteht die Aufsichtsratspflicht erst bei mehr als 500 Arbeitnehmern (§ 29 Abs. 2 Ziff. 1 GmbHG).
Obergesellschaft: Es besteht Aufsichtsratspflicht, wenn die Gesellschaft zwar weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigt, aber aufsichtsratspflichtige GmbHs einheitlich leitet oder diese aufgrund einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 50 % beherrscht und die Anzahl der Arbeitnehmer der beherrschenden und der Untergesellschaften zusammen 300 übersteigt (§ 29 Abs. 1 Ziff. 3 GmbHG).
Komplementär-GmbH: Es besteht Aufsichtsratspflicht, wenn die Gesellschaft zwar weniger als 300 Arbeitnehmer beschäftigt, aber persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft ist und die Anzahl der Arbeitnehmer in der GmbH und der Kommanditgesellschaft zusammen im Jahresdurchschnitt 300 übersteigt (§ 29 Abs. 1 Ziff. 4 GmbHG). Es besteht keine Aufsichtsratspflicht, wenn in der Kommanditgesellschaft neben der Komplementär-GmbH noch eine natürliche Person, die nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist, persönlich haftender Gesellschafter ist.
Rz. 191
Sind die gesetzlichen Schwellen überschritten, sind die Geschäftsführer verpflichtet, dem Gericht davon unverzüglich Mitteilung zu machen (§ 29 Abs. 4 GmbHG). In diesem Fall bleibt die Aufsichtsratspflicht für drei Jahre bestehen. Eine Verminderung der Arbeitnehmerzahl in diesem Zeitraum ändert nichts an der Aufsichtsratspflicht.
2. Gesellschaftsvertraglicher Aufsichtsrat
Rz. 192
Unabhängig von diesen gesetzlichen Vorgaben kann die Bestellung eines Aufsichtsrats im Gesellschaftsvertrag als obligatorisch oder fakultativ festgesetzt werden (§ 29 Abs. 6 GmbHG). Für die Änderung des Gesellschaftsvertrags zur Einführung eines Aufsichtsrats genügt zwingend die einfache Mehrheit (§ 50 Abs. 2 GmbHG). Soll hingegen ein obligatorischer Aufsichtsrat in einen fakultativen gewandelt oder der Aufsichtsrat überhaupt beseitigt werden, ist eine qualifizierte Mehrheit notwendig.
3. Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder
Rz. 193
Der Aufsichtsrat hat aus mindestens drei Mitgliedern aus dem Kreis der Kapitalvertreter zu bestehen. Der Gesellschaftsvertrag kann eine Höchstzahl oder eine Mindestanzahl, die nicht geringer als drei sein darf, festlegen. Zusätzlich zu den Kapitalvertretern sind nach den Bestimmungen des § 110 ArbVG vom Betriebsrat Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden. Sobald ein Aufsichtsrat tatsächlich bestellt ist, besteht das Entsenderecht des Betriebsrats unabhängig davon, ob es sich um einen gesetzlichen oder vertraglichen Aufsichtsrat handelt.
4. Persönliche Anforderungen
Rz. 194
Aufsichtsratsmitglieder müssen natürliche, voll geschäftsfähige Personen sein. Ausgeschlossen sind somit juristische Personen und Personengesellschaften. Mitglied kann ferner nicht sein, wer bereits in zehn anderen Kapitalgesellschaften Aufsichtsratsmitglied ist, wobei die Tätigkeit als Vorsitzender doppelt auf diese Höchstzahl anzurechnen ist (§ 30a Abs. 2 Ziff. 1 GmbHG). Geschäftsführer, dauernde Vertreter von Geschäftsführern und Angestellte, die die Geschäfte der Gesellschaft führen, können nicht Aufsichtsratsmitglieder sein (§ 30e Abs. 1 GmbHG).
5. Bestellung und Funktionsdauer
a) Bestellung durch Gesellschafterbeschluss
Rz. 195
Die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern erfolgt durch Gesellschafterbeschluss (§ 30b Abs. 1 GmbHG). Die einfache Mehrheit ist ausreichend, Beschlussfassung im Umlaufweg ist zulässig.
b) Bestellung durch Entsendung
Rz. 196
Der Gesellschaftsvertrag kann einzelnen Gesellschaftern oder den jeweiligen Inhabern bestimmter Geschäftsanteile ein Nominierungsrecht einräumen (§ 30c Abs. 1 GmbHG). Das Entsenderecht kann nur den Inhabern solcher Geschäftsanteile eingeräumt werden, deren Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft (siehe Rdn 137) gebunden ist (§ 30c Abs. 2 GmbHG). Es können auch sämtliche Aufsichtsratsmitglieder durch Entsendung bestellt werden. Die Entsendung erfolgt durch Erklärung gegenüber der Gesellschaft und Annahme des Mandats durch den Entsandten. Der Entsendungsberechtigte kann sich auch selbst in den Aufsichtsrat entsenden. Anders als bei gewählten Aufsichtsratsmitgliedern ist die Funktionsdauer der entsandten Mitglieder nicht befristet. Sie können vom Entsender jederzeit abberufen werden (§ 30c Abs. 3 GmbHG).
c) Funktionsperiode
Rz. 197
Die Funktionsperiode des ersten Aufsichtsrats endet ...