Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 16
Es ist zwischen der Form der Eheschließung und den materiellen Eheschließungsvoraussetzungen zu unterscheiden.
Rz. 17
In welcher Form eine Eheschließung zu erfolgen hat, um für den österreichischen Rechtsbereich wirksam zu sein, richtet sich nach § 16 IPRG, der zwischen einer Trauung im Inland (Abs. 1) und einer Eheschließung im Ausland (Abs. 2) unterscheidet. Unter Form ist die Art und Weise zu verstehen, in der eine Ehekonsenserklärung abzugeben ist, somit der äußere Akt der Eheschließung. Für Inlandstrauungen gelten auch für Ausländer die österreichischen Rechtsvorschriften, wonach die Ehe vor einem Standesbeamten zu schließen ist. Für den österreichischen Bereich ist eine Auslandstrauung der Form nach wirksam, wenn dem Personalstatut jedes der Verlobten entsprochen wird; alternativ dazu reicht die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung (§ 16 Abs. 2 IPRG), sodass etwa eine kirchliche Trauung zwischen zwei Österreichern in Spanien als formwirksam zustande gekommene Ehe gilt. Auch die in einigen Bundesstaaten der USA noch zugelassenen common law marriages ("Handschuhehen") wären daher in Österreich anzuerkennen.
Rz. 18
Alle materiellen Ehevoraussetzungen (Konsenserfordernisse, Ehefähigkeit, das Nichtvorliegen von Ehehindernissen sowie die Frage der Notwendigkeit einer Zustimmung Dritter) richten sich gem. § 17 Abs. 1 IPRG für jeden Verlobten getrennt nach seinem eigenen Personalstatut im Zeitpunkt der Eheschließung. Das Recht, dessen Vorschriften missachtet worden sind, entscheidet auch über die Folgen der Nichteinhaltung. Fehlen bei beiden Verlobten sachliche Voraussetzungen, welche gleichzeitig jeweils unterschiedliche Sanktionen auslösen, so gibt die schwerere, ehefeindlichere Sanktion nach dem Grundsatz des "ärgeren Rechts" den Ausschlag. Von der Wirkung einer derartigen Verletzung wird immer das gesamte Eheverhältnis erfasst.
Rz. 19
Seit 1.8.2019 ist Folgendes zu beachten: Ist nach dem berufenen Recht eines Verlobten eine Eheschließung wegen des Geschlechts eines Verlobten nicht zulässig, so sind die Voraussetzungen für die Eheschließung nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem die Ehe begründet wird (§ 17 Abs. 1a IPRG). Für den Verlobten, dessen Heimatrecht nach § 17 Abs. 1a IPRG durch die lex loci celebrationis ersetzt wird, ist die Voraussetzung einer Eheschließung somit nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen. Die Frage der Anerkennung der Ehe im Heimatland ist dabei unerheblich.
Rz. 20
Die Folgen eines Formfehlers und ihre mögliche Heilung richten sich bei der Inlandstrauung allein nach österreichischem Recht. Ist eine Ehe in Österreich ohne Standesbeamten geschlossen worden, dann liegt eine Nichtehe vor; wäre die Ehe nach dem Heimatrecht der Eheschließenden gültig, spricht man von einer "hinkenden Auslandsehe". Ist bei einer Auslandstrauung die Form nach Ortsrecht und Personalstatut der Verlobten verletzt, so entscheidet in favorem matrimonii zwischen Personalstatut und Ortsrecht das mildere Recht. Im Verhältnis der Personalstatute der Verlobten zueinander bleibt es aber beim Grundsatz des "ärgeren Rechts".
Rz. 21
§ 17 Abs. 2 IPRG regelt, dass die Nichtanerkennung einer nach österreichischem Recht rechtskräftig aufgelösten Ehe durch das Personalstatut eines Verlobten kein Hindernis für eine Wiederverheiratung darstellt.