1. Gesellschafterbeschluss
Rz. 147
Das oberste willensbildende Organ der GmbH ist die Gesamtheit aller Gesellschafter. Die Gesellschafter üben die Willensbildung durch Beschlüsse aus. Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in der Generalversammlung (siehe Rdn 148 ff.) oder durch Abstimmung im schriftlichen Weg (Umlaufbeschluss, siehe Rdn 161) gefasst (§ 34 Abs. 1 GmbHG).
2. Generalversammlung
a) Arten
Rz. 148
Die Generalversammlung findet mindestens einmal pro Jahr statt (ordentliche Generalversammlung). Sie muss außerdem einberufen werden, wenn es das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich bestimmt oder es das Interesse der Gesellschaft erfordert (außerordentliche Generalversammlung).
b) Einberufung
aa) Einberufung durch berechtigte Personen
Rz. 149
Die Einberufung erfolgt grundsätzlich durch den/die Geschäftsführer (§ 36 Abs. 1 GmbHG). Unabhängig von der Art der Vertretungsbefugnis steht das Einberufungsrecht auch jedem einzelnen Geschäftsführer zu. Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, dass neben den Geschäftsführern noch weitere Gesellschaftsorgane oder auch einzelne Gesellschafter die Einberufung der Generalversammlung verlangen können. Ein allfällig bestellter Aufsichtsrat hat die Generalversammlung einzuberufen, wenn dies das Wohl der Gesellschaft erfordert (§ 30j Abs. 4 GmbHG).
bb) Einberufung durch eine Minderheit
Rz. 150
Eine Minderheit von 10 % des Stammkapitals kann unter Angabe des Zweckes die Einberufung der Generalversammlung verlangen. Wird diesem Verlangen nicht innerhalb von 14 Tagen durch den Geschäftsführer entsprochen, so sind die Minderheitsgesellschafter selbst berechtigt, die Generalversammlung einzuberufen (§ 37 GmbHG).
cc) Formale und inhaltliche Erfordernisse der Einberufung
Rz. 151
Die Einberufung hat in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Form zu erfolgen. Sieht der Gesellschaftsvertrag keine bestimmte Form vor, sind die einzelnen Gesellschafter mittels rekommandierten Schreibens (= "Einschreiben" ohne Rückschein) zu laden (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Dabei sind Ort, Zeit und Zweck (Tagesordnung) zu bezeichnen. Bei beabsichtigten Änderungen des Gesellschaftsvertrags ist deren wesentlicher Inhalt anzugeben (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Eine geplante Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen muss ausdrücklich angekündigt werden (§ 52 Abs. 6 GmbHG).
Rz. 152
Die Einberufung muss so rechtzeitig erfolgen, dass zwischen dem Tag der letzten Verlautbarung oder der Aufgabe des Einberufungsschreibens zur Post und dem Tag der Generalversammlung ein Zeitraum von mindestens sieben Tagen liegt (§ 38 Abs. 1 GmbHG). Ist die Generalversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder ein Gegenstand zur Beschlussfassung gestellt, dessen Verhandlung nicht wenigstens drei Tage vor der Versammlung ordnungsgemäß angekündigt wurde, so können Beschlüsse nur gefasst werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend und mit der Abhaltung der Generalversammlung einverstanden sind (Vollversammlung, § 38 Abs. 4 GmbHG).
c) Beschlussfähigkeit
Rz. 153
Die Generalversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 10 % des Stammkapitals anwesend oder vertreten sind (§ 38 Abs. 6 GmbHG). Das erforderliche Quorum kann im Gesellschaftsvertrag sowohl erhöht als auch verringert werden. Im Falle der Beschlussunfähigkeit der Generalversammlung ist unter Hinweis auf diesen Umstand eine zweite Generalversammlung einzuberufen, die auf die Tagesordnung der beschlussunfähigen Generalversammlung beschränkt ist. Diese zweite Generalversammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe des vertretenen Kapitals beschlussfähig (§ 38 Abs. 7 GmbHG).
d) Mehrheit
Rz. 154
In der Regel genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 39 Abs. 1 GmbHG). Berechnungsbasis ist stets die Summe der abgegebenen Stimmen, Stimmenthaltungen werden nicht mitgezählt. Hingegen wird bei der Abstimmung im schriftlichen Weg (Umlaufbeschluss, siehe Rdn 161) als Berechnungsbasis die Gesamtzahl der allen Gesellschaftern zustehenden Stimmen herangezogen (§ 34 Abs. 2 GmbHG). Stimmenthaltungen wirken dabei wie Gegenstimmen.
e) Qualifizierte Mehrheiten
Rz. 155
Eine Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen ist z.B. erforderlich für:
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Änderungen des Gesellschaftsvertrags (§ 50 Abs. 1 GmbHG, z.B. Kapitalerhöhung) |
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Nachgründungen (§ 35 Abs. 1 Ziff. 7 GmbHG) |
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Veräußerung des Gesellschaftsvermögens als Ganzes (§ 90 Abs. 4 GmbHG) |
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Verschmelzung der Gesellschaft (§ 98 GmbHG) |
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Spaltung (§ 8 SpaltG) |
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formwechselnde Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (§ 245 Abs. 2 AktG). |
Einstimmigkeit ist erforderlich für die Änderung des Unternehmensgegenstandes (§ 50 Abs. 3 GmbHG).
f) Stimmrecht
Rz. 156
Stimmberechtigt ist jeder Gesellschafter. Je 10 EUR einer übernommenen Stammeinlage gewähren eine Stimme, wobei Bruchteile unter 10 EUR nicht gezählt werden (§ 39 Abs. 2 GmbHG). Im Gesellschaftsvertrag kann Abweichendes vereinbart werden; jedem Gesellschafter muss aber mindestens eine Stimme zustehen. Das Stimmrecht ruht bei vermögensrechtlichen Interessenskollisionen, wenn z.B. ein Gesellschafter von einer Schuld gegenüber der Gesellschaft befreit werden soll. Stimmbindungsverträge (Syndikatsverträge) sind zulässig.
g) Vertretung
Rz. 157
Die Ausübung des Stimmrechts durch einen Bevollmächtigten ist zulässi...