Prof. Dr. Susanne Ferrari, Dr. Marion Koch-Hipp
Rz. 141
Seit 21.6.2012 gelten für Österreich die Bestimmungen der Rom III-VO bei der Ermittlung des auf Scheidungen und Trennungen anzuwendenden Rechts. Die Rom III-VO bindet nicht alle Mitgliedstaaten der EU, sondern nur jene, die sich an der "Verstärkten Zusammenarbeit" beteiligen. Die Rom III-VO ersetzt das bislang in § 20 IPRG normierte Scheidungskollisionsrecht und verpflichtet österreichische Gerichte, das Scheidungskollisionsrecht ausschließlich dieser Verordnung zu entnehmen; die nationalen §§ 18 und 20 IPRG sind obsolet und gelten auch nicht für nicht an der Rom III-VO teilnehmende Staaten. Zu beachten ist, dass Österreich mit dem Iran und Polen zwischenstaatliche Übereinkommen geschlossen hat, denen gem. § 53 IPRG und Art. 19 Abs. 1 Rom III-VO der Vorrang vor der Rom III-VO zukommt und die auch nationales Kollisionsrecht verdrängen.
Rz. 142
Die Verweisungen der Rom III-VO sind Sachnormverweisungen (Art. 11 Rom III-VO). Daher gilt unmittelbar das Sachrecht des Staates, auf dessen Recht verwiesen wird, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dem Sachrecht um das Recht eines teilnehmenden Mitgliedstaates oder um das Recht eines Drittstaates handelt.
Rz. 143
Außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der ROM III-VO, also für Scheidungsverfahren, die vor dem 21.6.2012 eingeleitet wurden, gilt nationales Kollisionsrecht. Nach § 20 IPRG sind die Voraussetzungen einer Ehescheidung grundsätzlich nach dem Ehewirkungsstatut (siehe Rdn 76 ff.) im Zeitpunkt der Ehescheidung zu beurteilen. Da es dazu aber kaum mehr Anwendungsfälle gibt, sei für weitere Informationen auf die Vorauflagen verwiesen.