1. Zulässigkeit einer Kapitalherabsetzung (§§ 54 ff. GmbHG)
Rz. 90
Die Durchführung einer Kapitalherabsetzung ist aus Gläubigerschutzgründen nur mittels eines zeit- und kostenaufwendigen Aufgebotsverfahrens möglich. Eine Herabsetzung des Stammkapitals kann erfolgen durch:
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Rückzahlung von Stammeinlagen an die Gesellschafter (ordentliche Kapitalherabsetzung); |
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Herabsetzung des Nennbetrages von Stammeinlagen (nominelle Kapitalherabsetzung); |
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gänzliche oder teilweise Befreiung der Gesellschafter bzw. ihrer haftungspflichtigen Vormänner von der Verpflichtung zur Volleinzahlung der Stammeinlagen. |
Rz. 91
Das Ausmaß der Kapitalherabsetzung ist insofern begrenzt, als das Mindeststammkapital von 35.000 EUR bzw. die Mindeststammeinlage von 70 EUR nicht unterschritten werden darf. Eine Unterschreitung ist nur zulässig, wenn gleichzeitig eine Kapitalerhöhung beschlossen wird, sodass die Mindestbeträge wieder erreicht werden (§ 54 Abs. 4 GmbHG). In diesem Falle kann auf das Aufgebotsverfahren verzichtet werden.
2. Ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 54 ff. GmbHG)
Rz. 92
Diese ist in folgenden Einzelakten zu vollziehen:
a) Herabsetzungsbeschluss. Die Kapitalherabsetzung stellt eine Änderung des Gesellschaftsvertrags dar und bedarf daher eines Gesellschafterbeschlusses mit einer Mehrheit von mindestens ¾ der abgegebenen Stimmen. Der Beschluss hat mindestens zu enthalten:
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den Herabsetzungsbetrag als Fix- oder Höchstbetrag; |
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den Zweck der Herabsetzung (z.B. Rückzahlung von überschüssigem Eigenkapital, Erlass von Forderungen auf nicht voll einbezahlte Stammeinlagen); |
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die Art der Durchführung; |
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Änderung des Gesellschaftsvertrags. |
Rz. 93
b) Anmeldung der beabsichtigten Kapitalherabsetzung zum Firmenbuch durch sämtliche Geschäftsführer (1. Anmeldung).
Rz. 94
c) Durchführung des Aufgebotsverfahrens. Nach Eintragung der beabsichtigten Kapitalherabsetzung im Firmenbuch ist diese in den Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft ("Amtsblatt zur Wiener Zeitung" und allenfalls weitere im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Kundmachungsblätter) mit dem Hinweis zu veröffentlichen, dass die Gläubiger innerhalb von drei Monaten Befriedigung und Sicherstellung verlangen können (§ 55 Abs. 2 GmbHG). Bekannte Gläubiger sind direkt zu verständigen.
Rz. 95
d) Anmeldung der Änderung des Gesellschaftsvertrags zum Firmenbuch (2. Anmeldung). Nach Ablauf der 3-Monats-Frist für die Anmeldung der Gläubigerforderungen kann die durch die Kapitalherabsetzung bewirkte Änderung des Gesellschaftsvertrags zum Firmenbuch angemeldet werden (§ 56 Abs. 1 GmbHG). Die Anmeldung ist von sämtlichen Geschäftsführern beglaubigt zu unterfertigen. Diesem Gesuch sind folgende Beilagen anzuschließen (§ 56 Abs. 2 GmbHG):
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das Belegblatt über die erfolgte Veröffentlichung; |
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der Nachweis der Befriedigung bzw. Sicherstellung der angemeldeten Gläubigerforderungen oder die Erklärung, dass kein Gläubiger Befriedigung oder Sicherstellung verlangt hat; |
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eine von den Geschäftsführern abgegebene Erklärung, dass sämtlichen bekannten Gläubigern die Mitteilung gem. § 55 Abs. 2 GmbHG gemacht worden ist und dass sich andere als die befriedigten oder sichergestellten Gläubiger innerhalb der Frist nicht gemeldet haben; |
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die Beurkundung des aktuellen Wortlautes des Gesellschaftsvertrags. |
Rz. 96
e) Auszahlung an die Gesellschafter. Erst nach Eintragung der Änderung des Gesellschaftsvertrags im Firmenbuch sind Auszahlungen an die Gesellschafter zulässig, da ansonsten das Verbot der Einlagenrückgewähr verletzt wird (§ 57 Abs. 1 GmbHG).
3. Nominelle Kapitalherabsetzung
Rz. 97
Die nominelle Kapitalherabsetzung ist nur zum Zweck der Abdeckung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlustes und allenfalls zusätzlich zur Einstellung von Beträgen in die gebundene Kapitalrücklage möglich (§ 59 Abs. 1 GmbHG). Darüber hinaus müssen vorweg sämtliche bestehenden Rücklagen auf den Betrag von 10 % des nach der Kapitalherabsetzung verbleibenden Stammkapitals aufgelöst werden (§ 59 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 183 AktG).
Auch die vereinfachte Kapitalherabsetzung setzt einen Generalversammlungsbeschluss auf Änderung des Gesellschaftsvertrags samt Bezeichnung des Zweckes der Herabsetzung voraus. Ein Aufgebotsverfahren ist allerdings nicht notwendig. Die Herabsetzung des Stammkapitals kann sofort – von sämtlichen Geschäftsführern beglaubigt unterfertigt – zum Firmenbuch angemeldet werden. Aus Gläubigerschutzgründen ist die Ausschüttung eines Gewinnanteiles, der mehr als 4 % des Stammkapitals beträgt, erst für ein Geschäftsjahr zulässig, das mehr als zwei Jahre nach der vereinfachten Kapitalherabsetzung beginnt.
4. Haftung der Geschäftsführer bei Kapitalherabsetzung
Rz. 98
Sämtliche Geschäftsführer haften den Gesellschaftsgläubigern direkt und persönlich für den schuldhaft verursachten Schaden, wenn
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der Nachweis der Befriedigung oder Sicherstellung von Gläubigern oder |
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ihre Erklärung über das Ergebnis des Aufgebotsverfahrens |
unrichtig ist (§ 56 Abs. 3 GmbHG).